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dass z. B. in Frankreich, wie die Mittheilungen PoUILLET’s zeigen,
eine ausserordentliche Fülle von gerichtlichen Entscheidungen in
solchen Sachen erging, was auf eine intensive Entwickelung des
Markenrechtes schliessen lässt. Dort konnte sich also weit
leichter eine den Bedürfnissen des Gewerbslebens entsprechende
Gerichtspraxis entwickeln, als bei uns, wo Markenrechtsprozesse
verhältnissmässig selten waren und es verschiedene Jahre ge-
dauert hat, ehe endgültige Entscheidungen der höchsten Gerichts-
höfe in den wichtigsten Fragen ergingen, worauf denn auch die
wesentlichsten Irrthümer der Untergerichte bald verschwanden.
Da nun nach dem neuen Recht unfehlbar der Gebrauch von
Waarenzeichen in einem schnelleren Tempo als bisher sich ent-
wickeln und es deshalb auch häufiger zu Rechtsstreitigkeiten
kommen wird, so ist auch anzunehmen, dass eher als früher in
den wichtigsten Fragen Präjudizien des Reichsgerichts ergehen
werden, welche den unteren Gerichten als Richtschnur dienen
können, ferner, dass auch die unteren Gerichte mit’ dem Ueber-
handnehmen des Markengebrauchs überhaupt, und mit der ungleich
grösseren Beachtung, welche solche gewerblichen Fragen in der
Literatur jetzt finden gegen früher, die Grundgedanken des neuen
Gesetzes von vornherein mehr dem praktischen Leben ent-
sprechend zur Anwendung bringen werden. Um den gerügten
Mängeln zu begegnen, wäre es übrigens auch nicht nöthig, den
ordentlichen Gerichten die Rechtssprechung in diesen Sachen
ganz zu entziehen. Man konnte, um diesen Zweck zu erreichen,
für jeden Oberlandesgerichtsbezirk dem Handelsgericht des
grössten Ortes alle Civilmarkenrechtsstreitigkeiten des Bezirks
überweisen. Bei den Handelskammern bietet die Zuziehung im
Gewerbsleben erfahrener, gebildeter Laien die Garantie, dass die
praktischen Erwägungen bei der Leitung und Entscheidung von
Markenrechtsstreitigkeiten nicht zu kurz kommen.