Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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oder Religionsgemeinschaft, welcher der Versicherte selber zugehört; 
denn diesen Normen darf er sich nicht entziehen, wenn er nicht 
Gefahr laufen will, mit seinem religiösen Gewissen und mit den 
kirchlichen Oberen in Konflikt zu gerathen, und diese Normen, 
aber nur diese Normen darf in Folge dessen auch die Kranken- 
kasse zur Grundlage machen, wenn sie die Auszahlung des 
Krankengeldes für Feiertage ablehnt. Die Krankenkasse wird 
also mit Recht für solche Feiertage das Krankengeld verweigern, 
die von den Konfessionsgenossen des Versicherten eingehalten 
werden, mag der Versicherte selbst sich auch in der Zeit seiner 
Gesundheit über diese Normen hinweggesetzt haben; die Kasse 
darf aber andererseits nicht die Auszahlung des Krankengeldes 
wegen solcher Feiertage ablehnen, welche nur von den Angehöri- 
gen anderer Konfessionen berücksichtigt werden, dagegen vom 
Standpunkte des Kassenmitgliedes und seiner Konfessionsgenossen 
als „Arbeitstage“ aufzufassen sind. Es soll sich weder der Er- 
krankte auf Kosten der Kasse und der anderen Kassenmitglieder 
bereichern, indem er Krankengeld für einen Tag bezieht, an dem 
er im Gresundheitsfalle nach den Gepflogenheiten seiner Konfes- 
sion die Arbeit unterlassen hätte, noch die Kasse auf seine 
Kosten, indem sie ihm das Krankengeld verweigert, weil andere 
oder vielleicht die meisten andern Kassenmitglieder diesen Tag 
als Feiertag betrachtet und von Erwerbsthätigkeit freigehalten 
hätten. Nur dies wird die richtige Schlussfolgerung aus dem 
Grundgedanken der gesetzlichen Vorschrift sein. Darnach dürfte 
es auch gleichgiltig erscheinen, welchen Rechtscharakter die 
religiöse Genossenschaft des Erkrankten hat, ob sie zu den 
beiden grossen Kirchen (der evangelischen und der katho- 
lischen) gehört oder zu den untergeordneteren, aber doch mit 
Korporationsrechten ausgestatteten oder zu denjenigen Religions- 
des Briefkastens, sofern es die staatliche Anerkennung des Busstages als 
„allgemeinen“ Feiertages ist, welche den Grund für die Feiertagsruhe am 
Beschäftigungsorte des Versicherten bildet.
	        
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