Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

— 439 — 
setzung vorgelegt werden. Während im Allgemeinen englische 
(Gerichte Uebersetzungen einer jeden Person acceptiren, welche 
beschwört, dass sie mit der englischen und der betreffenden 
anderen Sprache vertraut ist, weist das englische Nachlassgericht 
Uebersetzungen letztwilliger Verfügungen zurück, falls die Ueber- 
setzung nicht von einem englischen Notar als richtig beglaubigt 
ist. Es ist daher vollständig zwecklos, derartige Uebersetzungen 
in Deutschland anfertigen zu lassen; man entgeht damit nicht den 
Gebühren des englischen Notars. ‚Letztere bemessen sich nach 
der Anzahl der zu übersetzenden Worte, und dürfte schon aus 
diesem Grunde ein weitschweifiges Testiren nicht als besonders 
weise zu bezeichnen sein. Daraus, dass die Uebersetzung eine 
notarielle sein muss, darf der auswärtige Leser nicht schliessen, 
dass englische Notare polyglotter veranlagt sind, als der Normal- 
engländer. Dem Verfasser liegt zur Zeit die Geschäftskarte einer 
Firma Londoner Notare vor, welche über 24 Sprachen verfügen; 
darunter findet sich auch Sanscrit. Es ist dem Verfasser nicht 
bekannt, wie viele Mitglieder die Firma zählt; immerhin werden 
die Mitglieder schwerlich persönlich über 24 Sprachen verfügen 
und sich sonach auf angestellte Uebersetzer verlassen müssen, 
über deren Qualifikationen für die Aussenwelt ein Dunkel schwebt. 
Nun denke man sich ein deutsches Testament, welches mit Pflicht- 
theilen, Kodizillarklauseln, Quasipupillarsubstitutionen u. s. w. 
operirt, kurz, von einem deutschen Juristen abgefasst ist, welcher 
seine Pandekten nicht bei WINDSCHEID hörte. Der Notar, wel- 
cher die englische Uebersetzung beglaubigt, ist häufig der deut- 
schen Sprache nicht mächtig; in London ist er nicht einmal mit 
dem englischen Rechte vertraut, und jedenfalls liegen ihm die 
deutschen Rechte sehr fern. Diese Bemerkungen werden genügen, 
um dem deutschen Leser einen Begriff davon zu geben, wie der- 
artige Uebersetzungen ausfallen. Das Wort „Erbe“ wird mit 
„heir“ übersetzt, obwohl heir der gesetzliche Immobiliarerbe ist; 
das Wort „Testamentsvollstrecker“ wird mit „executor“ wieder-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.