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und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit in Elsass-Lothringen
einen schweren Stand. Zwar meint LaBAnD, dies habe nur die Folge, dass
dieselben Thatsachen, welche in den Bundesstaaten den Erwerb und den Ver-
lust der Staatsangehörigkeit und in untrennbarem Zusammenhange damit den
der Reichsangehörigkeit begründen, in den Reichslanden unmittelbar den
Erwerb oder Verlust der Reichsangehörigkeit bewirken und dass formell
die Behörden des Reichslandes dasselbe Verfahren beobachten wie die Be-
hörden der Einzelstaaten. Aber die Form ohne rechtlichen Inhalt kann, ab-
gesehen davon, dass das fragliche Einführungsgesetz eine derart subtile Unter-
scheidung nicht kennt, doch nur wenig befriedigen und die Auslegung der
gesetzlichen Bestimmungen wird zu einer äusserst gezwungenen. Wennz.B.
ein Elsass-Lothringer die bayerische Staatsangehörigkeit erwerben will, kann
er nach $ 7 des Gesetzes die Aufnahmsurkunde beanspruchen, obwohl Elsass-
Lothringen kein Bundesstaat ist, oder muss die Behörde Mangels einer ge-
setzlichen Norm nach freiem Ermessen verfahren, da doch $ 8 des Gesetzes
auch nicht zutrifft?
Auf der anderen Seite ıst nicht zu übersehen, dass die Ansicht LEonr’s
dazu führen muss, die einheitlichen Organe des Reiches in Elsass-Lothringen
durchweg in doppelter Eigenschaft theils als Reichsorgane, theils als Landes-
organe zu behandeln; mag auch das sustinere duas personas in der Rechts-
wissenschaft keine vereinzelte Erscheinung sein, so ist es doch seltsam, dass
ein Staat keine eigenen Organe besitzen und sich auch solche rechtlich nicht
sollte schaffen können.
Aus diesen wenigen Proben dürfte zur Genüge hervorgehen, dass das
Staatsrecht des Reichslandes, welcher Lehrmeinung man sich auch immer an-
schliessen mag, unverkennbar einer gründlichen Bearbeitung würdig ist und
die vorliegende Arbeit einem wirklichen Bedürfniss entgegenkommt; ihr
Werth wird durch die gegensätzliche Stellung des Verfassers zu anderen
deutschen Staatsrechtslehrern nicht gemindert, zumal eine durchgängige
"Gleichheit der Meinungen auf dem Gebiete der Jurisprudenz und insbesondere
des Staatsrechts nur eine Utopie sein kann. Gerechte Beachtung verdienen
aber die Darlegungen von Leon schon um deswillen, weil sie allenthalben
das auf die Bedürfnisse des Lebens gerichtete Auge des Praktikers erkennen
lassen und durch vielfache Bezugnahme auf das französische Recht (man ver-
gleiche die umfangreiche Aufzählung der Rechte der Staatsangehörigen S. 32f.
und die Declaration des droits de !’homme et du citoyen S. 39), auch interes-
sante Ausblicke auf dieses für die Entwicklung des modernen Staatsrechts so
wichtige Rechtsgebiet gewähren.
Die zweite Abtheilung des eben besprochenen Werkes, Das Verwal-
tungsrecht der Reichslande, ist nunmehr von Leonı und MANDEL als
Theil des Handbuches herausgegeben worden. Auch hier klingt, wie begreif-
lich, die Kontroverse mit Lasanp nach. Die Verfasser bemängeln haupt-
sächlich, dass Lapann Elsass-Lothringen in finanzieller Hinsicht den Einzel-