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lage zu einem umfassenden, ausführlichen, systematischen Verwaltungsrechts-
lehrbuche geschaffen. Der Grund dieses Mangels dürfte darin zu suchen
sein, dass der kompilativen wissenschaftlichen Thätigkeit oft nicht jene be-
sondere Werthschätzung zugesprochen wird, die ihr gebührt. Und doch
steht fest, dass ohne wissenschaftlich gehobenes Material eine Ausbildung
bezw. ein Fortschritt der Rechtswissenschaft nicht zu denken ist. Die Kom-
pilationsarbeit ist eben die nothwendige Vorgängerin der systematischen
Wissenschaft. — Von jedem Juristen, der weiss, wie schwierig und
mühevoll eine erste wissenschaftliche positive Thätigkeit auf einem grossen
und neuen Rechtsgebiete ist, wird die obige Sammlung von Frer und
Maresch dankbar begrüsst werden. Dieselbe wird auch den österreichischen
Gewerbegenossenschaften eine wichtige literarische Erscheinung sein.
Wien. Dr. Alois Heilinger.
Lothar Bucher. Kleine Schriften politischen Inhalts. Stuttgart,
Karl Krabbe, 1893.
Hindern uns die Raumverhältnisse des Archivs gleich eine der inneren
Bedeutung der hier gesammelten politischen Aufsätze des geistvollen deutschen
Staatsmannes angemessene umfangreiche Würdigung zu geben, so muss uns
daran gelegen sein, unsere Fachgenossen auf die wichtige Publikation wenig-
stens durch den Hinweis aufmerksam zu machen, dass dıe Studien BucHEr’s
ihrer überwiegenden Mehrzahl nach in den Bereich der öffentlichrechtlichen
Spezialarbeit fallen. Unsere Literatur ist nicht reich genug, um Essays, wie
sie hier mit vornehmer Rücksicht aus den reichen Arbeitsergebnissen
L. BucHer’s ausgewählt sind, lediglich den Liebhabern eines exquisiten Stils
und formvollendeter Kürze der Diktion zu überlassen. Wir haben es mit
monographischen Studien, rechtsgeschichtlichen Skizzen zu thun, denen kraft
der langjährigen Stellung des Autors interpretativer Werth zuerkannt werden
kann. Zweifellos gilt dies von den Ausschnitten aus der jüngsten Geschichte
Englands, von den Aufsätzen „Aera Gladstone“, „Der Cobdenclub“ und
von den der Beleuchtung des irischen Problems dienenden Studien: „Zwei
Minderer des Reichs“ und „Die Vorfahren und der Erbe der Chartisten“.
Die beiden in den „Grenzboten“ publizirten hier reproduzirten Aufsätze:
„Stammverwandtschaft und Waffenbrüderschaft mit England“, „Ein böser
Geist im heutigen England“ zeigen den tiefen Kenner und parteilosen Kritiker
der politischen und sozialen Verhältnisse Englands. Aber auch die älteren
über „Macht ohne Verantwortlichkeit*, „Die englische Rede- und Press-
freiheit“, die Beiträge zur Genesis des dänischen und des deutschen Krieges
senden zahlreiche Ausläufer in das Gebiet der staats- und völkerrechtlichen
Geistesarbeit unserer Tage. Sie wecken auf's Neue die Erinnerung an das
grosse Verdienst, das sich der Verfasser des „Parlamentarismus“ um die
Klärung wichtigster Probleme erworben hat. Stoerk.
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