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des Staates befindlichen Personen zuspitzt, so wird man im „Rechts-
staate“, im geordneten Staatswesen, den deutlichen, wenn auch
vielleicht nicht ausdrücklich kundgethanen Willen des Gesetzgebers
zu fordern und darzuthun haben, wonach solche Zwangsmassnahmen
zulässig sein sollen. Wo es also, wie hier, gänzlich an einem
solch ausdrücklichen, gesetzlichen Anhalte mangelt, wird man
doppelt behutsam prüfen müssen und die Sache nicht mit Be-
rufung auf jene allgemeine Regel oder gar die Rechtshülfepflicht
der Gerichtsbehörden als erledigt ansehen dürfen.
In ersterer Hinsicht hat man sich jedenfalls zum Bewusst-
sein zu bringen, dass in verschiedenen Fällen unseres öffentlichen
Rechts der Befugniss zu gewissen behördlichen Massregeln die
weitere Befugniss, sich dazu die erforderlichen Unterlagen nöthigen-
falls durch Zwangsanwendung zu beschaffen, keineswegs unbedingt
beigesellt ist. Der Grund dafür kann sein, dass der Gesetzgeber
in anderer Weise Fürsorge dafür getroffen hat, dass es schliess-
lich an den nöthigen thatsächlichen Ermittlungen nicht gebricht,
oder dass er die Machtbefugnisse der betreffenden Stelle nicht so-
weit begünstigen will.
Als Beispiele führe ich an die nach Str.-Pr.-O. $ 453 und
dem preussischen Gesetze vom 23. April 1883 zum Erlass von
Strafbescheiden berechtigten Polizeibehörden, die zugleich durch
Ministerialausführungsverfügung vom 8. Juni 1883 zwar zu vor-
gängigen Ermittlungen, nicht aber zur eidlichen Vernehmung von
Zeugen als ermächtigt erklärt sind und solche zweifellos auch nicht
durch Ersuchen an Amtsgerichte ins Werk setzen dürfen. $ 8
am letztgedachten Orte lautet: „Erachtet der Polizeiverwalter, um
die erforderliche Ueberzeugung von der Uebertretung und von den
Mitteln zu ihrem Beweise zu gewinnen, dennoch Ermittlungen für
nöthig, so hat er diese auf die kürzeste, dabei aber hinreichend
zuverlässige Art zu veranlassen. Er ist hierbei an keine Förm-
lichkeiten, auch nicht an ein protokollarisches Verfahren gebunden.“
— Abs. 2: „Zur eidlichen Vernehmung von Zeugen ist er nicht