Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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die zutreffenden Rechtssätze ohne unmittelbaren Hinweis des Ge- 
setzgebers aufzudecken, und jene sind bekanntlich individuell sehr 
verschieden vertheilt. Trotzdem bleibt aber die Ergänzung eines 
(zesetzes aus sich selbst und nicht unter Heranziehung ähnlicher 
anderweit aufgestellten Rechtssätze das Richtigere und bewahrt 
vor praktischen Folgerungen, die sich ausnehmen wie ein Flicken 
aus anderem Stoffe auf einem Kleide. Es sind deshalb die 
Lücken jener Schiedsgerichtsordnung aus ihren eigenen Sätzen 
zu ergänzen, zumal jede allgemeine Ermächtigung in ihr fehlt, 
hierbei auf die Civilprozessordnung zu greifen; eine solche viel- 
mehr gerade nur in einzelnen Beziehungen ertheilt ist. Und es 
ist nicht weniger bei allen Fällen der Rechtshülfe zunächst zu 
prüfen, welche Sätze über das Verfahren, die Zeugnisspflicht u. s. w. 
sich aus dem für die ersuchende Stelle massgebenden Rechte er- 
geben, statt gleich auf diejenigen Rechtssätze zu sehen, die sich etwa 
„analog“ aus der Straf- und der Oivilprozessordnung brauchen liessen. 
Damit ist zugleich wieder betont, dass es vor allen Dingen 
auf das Zwangsrecht der Rechtshülfe begehrenden Behörde 
ankomme !?, wogegen gemeinhin das rein Aeusserliche der Prozedur 
beim ersuchten Gerichte betont wird. 
12 Ich gebe zu, dass sich dem Auslande gegenüber (wozu auch, sobald 
es sich um Requisitionen auf Grund landesgesetzlicher Bestimmungen han- 
delt, die an preussische Amtsgerichte ergehen, das nichtpreussische Deutsch- 
land gehört), der aufgestellte Satz nicht in seiner vollen Strenge aufrecht 
erhalten lässt. Bestimmte beispielsweise nur das preussische oder nur das 
italienische Gesetz, dass die Zeugen in einer gewissen Sache umsonst ihren 
Gang zum Gerichte zu thun hätten, so würde das um solche Vernehmung 
ersuchte preussische Amtsgericht, — soweit nicht der Staatsvertrag mit 
dem Auslandsstaate etwas Anderes verfügte, — im ersten Falle den Zeugen 
keine Gebühr, wohl aber im letzteren Falle zuzubilligen haben. — Eine ganz 
merkwürdige Verkennung des obigen Grundsatzes scheint mir dem Reichs- 
gericht zur Last zu fallen, wenn es in seinen Civilentscheidungen Bd, 33, 
8, 423 die Amtsgerichte im Wege der Rechtshülfe für verpflichtet erklärt, 
die nichtvollstreckbaren Bescheide anderer Behörden, in concreto des Patent- 
amts, für „vollstreckbar“ zu erklären.
	        
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