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Nach der citirten Gesetzesbestimmung hat der Regent gleich
nach dem Antritte der Regentschaft einen Eid zu leisten, der fol-
genden Wortlaut hat:
„Ich schwöre, den Staat in Gemässheit der Verfassung und
der Gesetze des Reichs zu verwalten, die Integrität des König-
reiches und die Rechte der Krone zu erhalten und dem Könige
die Gewalt, deren Ausübung mir anvertraut ist, getreu zu über-
geben, so wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium.“
Der erste Theil der Eidesnorm, wonach der Regent schwört,
den Staat in Gemässheit der Verfassung und der Gesetze des
Reichs zu verwalten, kommt hier nicht weiter in Betracht; denn
es leuchtet sofort ein, dass hieraus ein Verfassungsänderungsverbot
nicht abgeleitet werden kann. Der Regent will sich mit diesem
Theil seines Schwures zu nichts Anderem verpflichten als dazu,
sich an Verfassung und Gesetz zu halten und danach die Regie-
rung zu führen, so lange als dieselben bestehen, d.h. er will sich
nur dazu verpflichten, die bestehenden Gesetze — einfache und
Verfassungsgesetze — zu beobachten, aber die Verfassung nicht
abändern zu wollen, das will er damit nicht versprechen, dafür
will er ebensowenig eine Verpflichtung übernehmen wie der König,
der ebenfalls den Schwur?® leisten muss, nach der Verfassung und
den Gesetzen des Reichs zu regieren.
Dieser Theil der Eidesformel ist es auch nicht, den man in
der Staatsrathssitzung vom 23. Mai ins Auge fasste, vielmehr war
es der zweite Theil, auf den man Gewicht legte. Indess mit
Unrecht.
Ein absolutes, für alle Fälle geltendes Verfassungsänderungs-
verbot kann aus dem weiteren Inhalt der Eidesnorm keinenfalls
entnommen werden. Höchstens das könnte man aus demselben
folgern, dass man sagt: Verfassungsänderungen unter der Regent-
schaft sind in soweit verboten, als dieselben die Integrität des
cf£.8 1 Tit.X Verf.-Urk.: „Ich schwöre nach der Verfassung und
den Gesetzen des Reichs zu regieren, so wahr mir Gott helfe und sein
heiliges Evangelium“,