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tragen oder doch wenigstens derselben die Bestellung des Anklage-
organs zuzuweisen, das nach den Anordnungen der Aufsichts-
behörde zu handeln hat. Das hat man nicht für nöthig erachtet,
und so kann die Bedeutung des „Antrags“ nur darin gefunden
werden, dass nicht gegen den Willen der Aufsichtsbehörde das
Entsetzungsverfahren statthaben soll, während es wohl gegen ihren
Willen nicht eintreten kann. Der „Antrag“ der höheren Ver-
waltungsbehörde ist also Prozessvoraussetzung für das Entsetzungs-
verfahren ?°.
Mit dem Strafantrag des $ 61 des Str.-G.-B. hat er auch
nicht die mindeste Berührung ?!.
Zunächst ist es bedeutungslos, dass in beiden Fällen von
einem „Antrag“ gesprochen wird. Die Reichsgesetzgebung kennt
sogar für Strafverfahren erforderliche Anträge, die nicht dem $ 61
des Str.-G.-B. unterfallen, so z. B. (vgl. aber auch 8 477 der
Str.-Pr.-O.), in $ 4 No. 3 Abs. 2 des Str.-G.-B., in 8 17 des
Ziollkartells zu dem (früher gültigen) deutsch-österreichischen Han-
delsvertrage vom 23. Mai 1881 und in $ 17 des Zollkartells zu
dem (jetzt massgeblichen) deutsch-österreichischen Handelsvertrage
vom 6. Dez. 1891 (vgl. die Entscheidungen des Reichsgerichts E
in Strafsachen XVI S. 216, 235; XXIII S. 194).
Ein innerer Grund für die Gleichstellung ist nicht nur nicht
ersichtlich, die Befristung der Verfolgung durch 8 61 des Str.-G.-B.
würde sogar direkt dem durch das Disziplinarverfahren zu ver-
folgenden Interesse widerstreiten.
Eine gesetzliche Erklärung, die Bestimmungen über den Straf-
antrag sollten auf unseren Antrag entsprechend angewandt werden,
liegt auch nicht vor. Mag immerhin der Antrag des $ 61 des
Str.-G.-B. Prozessvoraussetzung sein, mögen die Bestimmungen
über ıhn also zu den Bestimmungen über das Verfahren gehören:
mit & 19 Abs. 2 Satz 3 des Gew.-G.-G. kann zur Auslegung des
2° Hass, Anm 16 Abs.1.
21 Haas, Anm. 16 Abs. 2; Mvanan, Anm. 2 Abs. 2.
Archiv für öffentliches Recht. X. 4. 36