Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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Selbst wegen des Zustellungstages giebt es keine strikten Beweis- 
regeln; jede Art der Behändigung genügt, aus der Thatsache und 
Zeit des Empfanges ausreichend sicher hervorgeht, obwohl 8 110 
des U.-V.-G. und 8 139 Abs. 1 des Inv.- u. A.-V.-G. für Zu- 
stellungen, die den Lauf von Fristen bedingen, die Form des ein- 
geschriebenen Briefes bestimmen. Thatsächlich erfolgen am Schieds- 
gerichtssitze die meisten Zustellungen durch Gerichtsboten (Hand- 
buch der U.-V., 8. 392ff.; Amtliche Nachrichten, Inv.- u. A.-V., 
1892 No. 107; 1894 No. 320). 
Wenngleich in dieser Beziehung der Spielraum denkbar weit 
ist, so fehlt es doch nicht an gewissen Begrenzungen, die zum 
Theil mit dem Civilprozessrecht sich decken, zum Theil eigen- 
artige Gestaltung zeigen. Nicht erlaubt ist es bei aller richter- 
lichen Freiheit, Thatsachen deshalb als festgestellt zu betrachten, 
weil sie einem Gerichtsmitgliede bekannt und von ihm in der Ver- 
handlung mitgetheilt sind. Nur offenkundige Ereignisse dürfen 
dem Urtheile zu Grunde gelegt werden (Amtliche Nachrichten, 
Inv.- u. A.-V., 1894 No. 318; vgl. 8 264 der C.-Pr.-O.). Fremd 
ist dem Rentenverfahren die Möglichkeit, einer Partei durch Be- 
weisbeschluss oder bedingtes Endurtheil den Eid aufzuerlegen. 
Das volle Schwergewicht der Beweiswürdigung ruht in der Hand 
des Gerichtes; die Ergänzung durch Leistung oder Verweigerung 
von zu- und zurückgeschobenen oder richterlichen Eiden ist des- 
halb ausgeschlossen (Amtliche Nachrichten, U.-V., 1888 S. 235; 
1890 Ziff. 848). Es ist begreiflich, wenn einzelne Vorsitzende, 
zumal die im Hauptamte als Civilrichter thätigen, sich hiermit 
nicht leicht abfinden können (so SCHNEIDER, Schiedsgerichtsordnung 
S. 44, Anm. 2 zu $ 16) und in ihren Jahresberichten beim Reichs- 
versicherungsamte die Zulassung solcher Eide befürwortet haben. 
Das letztere hat indess noch neuerdings daran festgehalten, dass 
jenes subsidiäre Beweismittel weder bei Unfall- noch bei Invaliden- 
und Alters-Rentensachen zu dem Grundsatze der amtlichen Sach- 
feststellung passe (Rundschreiben vom 8. Aug. 1892 No. 8, Amt-
	        
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