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sich von den aus dem Patrimonialstaate überkommenen Analogien des Erb-
rechts und der Vormundschaft vollständig befreit hat.
Das grösste allgemeine Interesse dürfte immerhin die dritte und um-
fangreichste Abhandlung über Behördensystem und Staatsbildung gewähren.
Wenn sich bisher nur einige Monographien, wie namentlich von ADLER und
ROSENTHAL, mit einzelnen Epochen der Behördenorganisation beschäftigt
hatten, so erhalten wir hier eine zusammenhängende Darstellung von der
Mitte des 14. bis zur Mitte unseres Jahrhunderts. Die rechtsgeschichtlichen
wie die allgemein historischen Vorarbeiten sind in erschöpfender Weise be-
nutzt, und es wird damit namentlich für einzelne Perioden wie für die Maria
Theresia’s durch die zusammenhängende Behandlung eine gründliche historische
Basis für das heutige österreichische Verwaltungsrecht gewonnen, wie sie in
gleicher Weise bisher noch nicht vorhanden war.
Berlin. Conrad Bornhak.
Theodor Lauter, Pfarrer in Edelsfeld. Die Entstehung der kirchlichen
Simultaneen. Würzburg, A. Stuber, 1894. 110 S. 2,40 Mk.
Das Werk beschäftigt sich in klarer und leicht verständlicher Dar-
stellung mit einer Materie, welche von der Rechtswissenschaft lange recht
stiefmütterlich behandelt und erst in neuester Zeit, wie von HiırscHEL, Kraıs,
SEHLING, Gegenstand eingehenderer wissenschaftlicher Untersuchung ge-
worden ist.
Der Verfasser beginnt und schliesst seine Arbeit mit einer reinen Rechts-
frage. In der Einleitung wird kurz die Frage nach dem Üharakter des
Instituts des kirchlichen Simultaneums — ob öffentlichen oder privaten —
und nach dem Rechtssubjekte bei demselben berührt, zum Schluss die mehr
praktische Frage erörtert, ob Simultaneen auch heute noch entstehen können
(S. 101ff.), eine Frage, welche der Verfasser und zwar mit Recht mit einem
Nein beantworten zu müssen glaubt, da der Theorie nach wohl der Ent-
stehung neuer Simultaneen nichts im Wege stände, nach Lage der thatsäch-
lichen Verhältnisse jedoch eine solche so gut wie ausgeschlossen sei. Sonst
verfährt der Verfassers chronologisch. Zunächst beschäftigt er sich mit den
Simultaneen, die vor dem dreissigjährigen Kriege entstanden sind (S. 8ff.);
erörtert sodann die Folgen, welche das durch den westfälischen Frieden den
Landesherren gewährte ius reformandi infolge seiner verschiedenen Aus-
legung (der sog. drei Sentenzen 9. 16) für den Bestand bezw. die Neubil-
dung von Simultaneen, namentlich im Herzogthum Sulzbach hatte (8. 27f.),
sowie den Einfluss, den Frankreich hierauf durch die Friedensschlüsse von
Rysswick und Baden übte, von denen der letztere „nur eine vorbehaltlose
Bestätigung des Rysswicker Friedens war, in Folge deren die Rechtsgiltigkeit
der (sog. Rysswicker) Klausel nicht mehr in Frage gestellt werden kann“
(8. 79). Diese aber war, wie der Verfasser treffend zeigt, ihrerseits wieder