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an den Erwerb angewiesen, d. h. dürftig sein muss. Diese Be-
schränkung ist auch zu billigen. Nicht zu billigen ist aber die
Beschränkung der Ascendenten auf den Fall, dass der Verstorbene
ihr einziger Ernährer war. Dürftige Eltern werden oft von
mehrerer Kindern gemeinsam erhalten, weil das einzelne Kind nicht
in der Lage ist, es allein zu thun. Hier ist es ein augenschein-
liches Unrecht, den Eltern, weil der Gestorbene sie nicht allein
ernährt hat, jeden Anspruch zu versagen. Das Gericht soll, wenn
noch Kinder vorhanden sind, die zur Ernährung der Eltern
beitragen können, den Ersatzanspruch nach freiem Ermessen
mässigen; die Vorschrift des Gesetzes aber ist hart und ungerecht.
Ebenso ist die Grösse des Entschädigungsanspruchs oft zu
gering bemessen. Im Falle der Verletzung kann er bei vollständiger
Erwerbsunfähigkeit 60 °/o, bei theilweiser 50 °/o des Jahresarbeits-
verdienstes nicht übersteigen. In der Novelle vom 20. Juli 1894
wird der Anspruch bei den Eisenbahnarbeitern um die Hälfte und
im Falle dauernden Siechthums bis auf 120 °/o des Jahresarbeits-
verdienstes zugestanden. Mit Recht, aber nicht bloss als Ersatz
für das ihnen gegenüber aufgehobene Gesetz vom 5. März 1869
betreffend Unfälle im Eisenbahnbetrieb, sondern in der Maximal-
summe allgemein anwendbar, weil auch z. B. die Zukunft des
jungen kräftigen Arbeiters, dessen Verdienst im steten Wachs-
thum begriffen ist, in Rücksicht gezogen werden muss. Bei der
Berechnung des Jahresverdienstes macht eine Textstelle im Ge-
setze Schwierigkeit. Die Saisonarbeiter sind für die Zeit,
die ausserhalb der Saison liegt, begünstigt. Die Gesammtlohn-
summe wird nur durch die Zahl der Arbeitstage während der
Betriebszeit dividirt ($ 6 Abs. 3 U.-V.-G.). Die Ausnahme wurde
damit gerechtfertigt, dass die Unfälle sich regelmässig in der Saison
ereignen und der Arbeiter dann mit dem Saisonarbeitstag rechnen
darf. Das Moment entfällt, wenn die Arbeit nicht Saisonarbeit ist,
sondern das ganze Jahr hindurch dauert, aber durch Aufträge
bedingt ist und desshalb zeitweilige, mehr zufällige Unterbrechungen