Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

— I — 
erschien im folgenden Jahre von ihm eine Schrift über die 
formellen Verträge des römischen Obligationenrechtes und eine 
andere über Geschworenengerichte. Daneben lebte er sich als 
Stadtverordneter auf dem einzigen Gebiete, das damals für ihn 
der politischen Bethätigung offen stand, in die Praxis der städti- 
schen Selbstverwaltung ein. Dass er bei den Wahlen zur National- 
versammlung und zur aufgelösten zweiten Kammer unterlag, und 
ihm ein Auftreten auf weiterem politischen Felde vorläufig ver- 
sagt blieb, konnte für seine weitere Entwicklung nur vorteilhaft 
sein. So nahm er denn an den Bewegungen der’ Jahre 1848 
und 1849 nur in den bescheidenen Stellungen als Stadtverordneter 
und Bürgerwehrmann Teil, wobei sich ihm aber doch in manchen 
entscheidenden Augenblicken Gelegenheit zu massvollem Ein- 
greifen bot. 
Seine politischen Anschauungen jener Zeit entsprachen im 
wesentlichen denen des herrschenden Liberalismus, der in Deutsch- 
land unter Berufung auf englisches Vorbild aus Frankreich und 
Belgien importiert war. Schon damals weit entfernt von den 
Extravaganzen der Radikalen, erstrebte er ein konstitutionelles 
Staatsleben für Preussen, wie es sich in den westeuropäischen 
Staaten und abgeschwächt in den deutschen Mittelstaaten bereits 
verwirklicht fand. Dieser deutsche Liberalismus der vierziger und 
fünfziger Jahre, mit seiner unhistorischen und mechanischen Auf- 
fassung von Recht und Staat, mit seinen rein vernunftgemässen, 
individualistischen Konstruktionen konnte keinen grösseren (fegen- 
satz finden als die pseudohistorisch-romantische Richtung Fried- 
rich Wilhelms IV mit ihren neuständischen Bildungen, hinter 
denen sich ebenso die Interessenpolitik des grösseren Grundbesitzes 
verbarg, wie hinter dem Liberalismus die der städtischen Bour- 
geoisie. Als. nach den Stürmen der Revolution jene sogenannte 
konservative Richtung wieder die Oberhand gewann, da erschien 
es begreiflich, dass GnEisT sich nicht nur vom öffentlichen Leben, 
sondern auch von seiner richterlichen Thätigkeit zurückzog und
	        
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