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rath beschlossen, wurzelt die Verkehrs-Ordnung in Vorgängen,
welche auf die Initiative der Eisenbahnen zurückzuführen sind.
Als in der zweiten Hälfte der 1830er und im Laufe der
1840er Jahre die ersten deutschen Eisenbahnen gebaut und dem
öffentlichen Verkehr übergeben wurden, publizirte jede Bahn-
verwaltung in ihren Tarifen oder doch in engem Anschlusse
daran ein sog. „Betriebs-Reglement“, d. h. eine Zusammenstellung
der Bedingungen, unter welchen sie sich bereit erklärte, die Be-
förderung von Personen und Gütern auf ihren Linien zu über-
nehmen*. Diese von den einzelnen Bahnen — gewissermassen als
ihre Hausordnungen — autonom festgesetzten und von einander
vielfach abweichenden Normen wurden durch die Benützung der
Bahn Seitens der Transportgeber und weiter dadurch, dass in
dem vorgeschriebenen, vom Absender zu unterzeichnenden Fracht-
briefe auf die Bedingungen des Reglements und der Tarife aus-
drücklich Bezug genommen war, in jedem einzelnen Falle zum
letztere im Eingange des bisherigen Bahnreglements gebraucht; beide sind
gleichbedeutend.
® Nach der im Reichs-Eisenbahn-Amt bearbeiteten Statistik Bd. I,
Anhang II waren zu Ende des Jahres 1835 nur 6,4 km (Nürnberg-Fürth),
zu Ende 1850 bereits 6073,74 km deutscher Bahnen eröffnet. Am Schlusse
des Betriebsjahrs 1893/94 betrug nach Bd. XIV, Tab. 3 dieser Statistik die
Betriebslänge der vollspurigen deutschen Bahnen 43 783,63 km, wozu nach
Tab. 33 noch 1340,34 km Schmalspurbahnen und nach Tab. 35 weitere
2982,02 km Privatanschlussbahnen kommen.
* Der Ausdruck „Betriebs-Reglement“ ist für diese Ordnungen in-
sofern kein ganz bezeichnender, als damit nicht der ganze Betrieb (im Gegen-
satz zum Bau) geregelt werden sollte, sondern nur der Betrieb, soweit er
sich auf den Verkehr mit dem Publikum bezieht. (Vgl. auch Lasanp,
Staatsrecht, 2. Aufl, Bd. 2, S. 124, dessen Kritik aber zu weit geht, und
Ueich, Betriebs-Reglements etc., in den Verhandlungen des Vereins für
Eisenbahnkunde, 1889, 8. 12). Mit Rücksicht hierauf ist für die im Jahre
1892 publizirte neue Fassung des „Betriebs-Reglements für die Eisenbahnen
Deutschlands“ der an sich bezeichnendere, obschon dem im Handelsgesetz-
buch und in der Reichsverfassung beobachteten Sprachgebrauch nicht ent-
sprechende Ausdruck „Verkehrs-Ordnung“ gewählt worden. Vgl. auch
unten Anm, 18 und 19.