Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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der Reichs-Verf. über die zur Ausführung der Reichsgesetze er- 
forderlichen allgemeinen Verwaltungsvorschriften*® und Einrich- 
tungen beschliesst, hat vorgezogen, diesen dem Aufsichtsrechte 
des Reichs entspringenden Verwaltungsakt „in Ausführung des 
Art. 45 der Reichs-Verfassung“ selbst vorzunehmen. Dem stand 
auch nicht im Wege, dass die Eisenbahnhoheit im Allgemeinen den 
Einzelstaaten verblieben ist, denn gerade diese Hoheitsrechte sind 
durch die Bestimmungen der Reichs-Verfassung über das Eisen- 
bahnwesen, welche dem Reiche namentlich ein selbständiges Auf- 
sichtsrecht zuerkennen, erheblich modifizirt. Das Reich bedarf 
nicht der erborgten Hoheitsrechte der Einzelstaaten, um den 
Bahnen Verwaltungsvorschriften der im Art. 45 der Reichs-Verfas- 
sung erwähnten Artinı Aufsichtswege zugehen zu lassen, und ein der- 
#8 Darunter sind nach der herrschenden Praxis die zur Ausführung der 
Gesetze erforderlichen Verordnungen verstanden, gleichviel ob sie nur für 
den inneren Dienst einzelner Verwaltungszweige bestimmt sind (Verwaltungs- 
vorschriften im engeren Sinn) oder Jedermann bindende Normen (Rechts- 
vorschriften) enthalten. Die in der Theorie vielfach verbreitete Ansicht, 
dass Art. 7 Ziff. 2 ausschliesslich Verwaltungsvorschriften im engeren Sinne 
im Auge habe und dass der Bundesrath zum Erlass von Rechtsverordnungen 
einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung bedürfe — so namentlich LABAND, 
Staatsrecht des Deutschen Reichs, 2. Aufl., I, S. 589 ff., 671ff. und IL', S. 119, 
Anm. 1 und die herrschende Theorie, dagegen namentlich Arnpt, Verord- 
nungsrecht S. 85ff. — führt zu der mit der Praxis im Widerspruch stehen- 
den Annahme, dass der Bundesrath zum Erlass des Bahnpolizeiregle- 
ments (jetzt Betriebs-Ordnung) nicht zuständig sei und die darin 
enthaltenen Strafvorschriften keine gesetzliche Kraft und Geltung hätten. 
Im entgegengesetzten Sinne sind mehrfache konstante Entscheidungen des 
Reichsoberhandelsgerichts (Bd. XXI, S. 61ff.) und des Reichsgerichts (Entsch. 
in ‚Strafsachen Bd. X, S. 326) ergangen. Diese Urtheile stehen mit den 
Aussprüchen des höchsten Gerichtshofes über die Natur des Betriebs-Regle- 
ments (s. oben No. 7 und 8) keineswegs im Widerspruch. Sie tragen viel- 
mehr nur dem verschiedenen Zwecke Rechnung, den beiderlei Ordnungen 
verfolgen und dem zu Folge in der einen ausschliesslich Verwaltungs- 
vorschriften im engeren Sinne, welche eventuell zu Vertragsnormen bestimmt 
sind, in der anderen wenigstens an verschiedenen Stellen, allgemeine Geltung 
beanspruchende und mit Strafbestimmungen umgebene Polizeivorschriften er- 
lassen werden.
	        
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