— 214 —
Prof. E. HERRMANN, nachmals in Berlin, machte im Archiv
für Kriminalrecht 1852, S. 289ff. „Der Begriff der Staatsanwalt-
schaft“ einen derartigen Versuch, welcher auf reaktionärer Seite
zahlreiche Anhänger und Nachfolger fand, indem er die Staats-
anwaltschaft als ein Organ der Gerichtsherrlichkeit im Gegen-
satz zu der von den Gerichten ausschliesslich zu übenden Ge-
richtsbarkeit darstellte. Nach dem Mittelalter sei die richterliche
(rewalt nicht vom Staatsoberhaupt in Person, sondern von ver-
fassungsmässig bestellten Gerichten. ausgeübt worden, welche nicht
allein Entscheidungsbefugniss, sondern auch das Recht des Ge-
botes und Zwanges und andere gerichtsherrliche Rechte nach und
nach an sich gezogen oder erhalten hätten, so dass sie oft als
Besorger justizhoheitlicher Verwaltungsgeschäfte nicht in richter-
licher Eigenschaft und Unabhängigkeit, sondern nach Vorschriften
und Befehlen der Subjekte jener Verwaltungssachen gehandelt
hätten, bis endlich in der neueren Zeit durch Errichtung be-
sonderer Justizministerien ein besonderes Organ für die an die
Richter nicht übergegangenen gerichtsherrlichen Befugnisse ent-
standen sei. Die gerichtsherrliche Sphäre werde, wenn an die
Stelle des Inquisitionsprozesses der Anklageprozess mit öffent-
licher Klage trete, durch eine zwar neue, doch aber dahin ge-
hörige Angelegenheit vermehrt. Das Anklageamt sei daher prin-
zipiell nicht Parteiberuf, sondern eine Art der staatsgewaltlichen
Justizhoheit, ebensogut wie das richterliche Verfahren und Ent-
scheiden und beruhe auf dem Grunde derselben öffentlichen
Pflicht der Verwaltung der bürgerlichen Gerechtigkeit. Dieses
Anklageamt nehme aber auf der Basis dieser prinzipiellen Einheit
eine verschiedene individuelle Berufssphäre und Thätigkeitsform an,
weil es als gerichtsherrliche Funktion keinen in die Feststellung
des Thatsächlichen und in die rechtliche Entscheidung eingreifen-
den Charakter haben dürfe, sondern sich darauf beschränken
müsse, die in dem gerichtsherrlichen Schutze der Rechtsordnung
gelegenen Bedingungen der richterlichen Erledigung der Sache zu