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verfolgt werde, ein Recht der Ueberwachung der Gerichte im
Laufe des Strafverfahrens in Betreff der Beachtung der Gesetze,
welches konsequenter Weise auch ein überall eingreifendes Veto
in sich schliessen müsste, und die Befugniss zur Wahrnehmung
der Rechte der Vertheidigung, insbesondere auch durch Einwen-
dung von Rechtsmitteln lediglich zu Gunsten des Angeklagten,
kann und darf daraus nicht abgeleitet werden, ohne die Grund-
verhältnisse des Strafverfahrens zu verrücken, die richterliche
Sphäre zu beeinträchtigen und die Staatsanwaltschaft in eine ihre
eigentliche Sphäre überschreitende Wirksamkeit hinüberführen“.
(Gegen diese Auflassung traten in der Reaktionsperiode,
auch in den Juristentagen, namentlich Staatsanwälte, welche sich
in den idealen Beruf ihrer Behörde als „Gesetzeswächter* und
„Berather“ der Gerichte vertieft hatten, in Wort und Schrift auf
und ihre schöngefärbten Gutachten blendeten das Tieferblicken in
die verborgenen politischen Tendenzen®. Eine Meisterschaft darin
hat sich der damalige preussische Staatsanwalt SUNDELIN er-
rungen in seiner Schrift: „Die Staatsanwaltschaft in Deutschland
(Anklam 1860) und in der Allgemeinen Schwurgerichtszeitung
V 4, 8. 241ff., weiter der damalige Oberstaatsanwalt in Thüringen
v. BERTRAB und dessen Nachfolger v. Gross in verschiedenen Ab-
handlungen und Gutachten, wozu namentlich das für den fünften
deutschen Juristentag (1864) von dem badischen Ministerialrath
vV. FREYDORF erstattete Gutachten hinzutrat, welches in dem Natze
gipfelte: „Das Interesse der Gesammtheit wird in höchster In-
stanz besser durch die obersten Leiter der Staatsverwal-
tung gewahrt, als durch einen unabhängigen und unverantwort-
lichen Beamten“.
Nächst der Staatsanwaltschaft in Hannover, welche am voll-
ständigsten nach französischem Muster unter Hinzunahme weniger
® Noch objektiver waren die Arbeiten von TaxsmAr, Die Staatsanwalt-
schaft, Bonn 1844; L. Frey, Die Staatsanwaltschaft in Deutschland und
Frankreich, Erlangen 1850; TwrLe, Die Staatsanwaltschaft, Hannover 1853.