— 227 —
trag des Staatsanwalts selbständig überlassen war. Die prinzipale
Privatklage gab überhaupt keine genügende Sicherheit für eine
gleichmässige Gesetzesvollziehung und für Durchführung des
stets anerkannten Legalitätsprinzips und konnte nur, selbst wenn
dem Privatankläger alle Verantwortung und Kostentragung ab-
genommen wurde, von Verletzten oder deren Angehörigen be-
trieben werden; eine Popularanklage nach englischem Vorbilde
für Verfolgung von Delikten, bei denen die Verletzung der ganzen
Rechtsordnung der von Einzelrechten vorgehen musste, war
ebensowenig sicher für Erhaltung der öffentlichen Rechtsordnung
und daher forderte das Legalitätsprinzip, da einmal der Prozess-
betrieb durch einen Ankläger bewirkt werden sollte, einen für
die vom Gerichte loszutrennende Angriffs- und Verfolgungsthätig-
keit bestimmten Berufsbeamten, den man in Süddeutschland aus
den bei einem Strafgerichte angestellten Richtern ad hoc zum
öffentlichen Ankläger in selbständiger Stellung ernannte. Diese
Auffassung von der naturgemässen und einfachen Vertretung der
öffentlichen Klage hat sich in Süddeutschland bis zur RBeichs-
gesetzgebung erhalten gehabt und findet auch gegenüber der
heutigen Einrichtung der Staatsanwaltschaft noch beredte Ver-
treter, wie z. B. Professor v. MEYER in Tübingen, G. PFIzEr in
Ulm u.a. m.* Ganz natürlich stand auch mit einer solchen Auf-
fassung die dienstliche Stellung der Staatsanwälte im engen Zu-
sammenhang, indem die Analogie der Richterstellung Platz griff
und den Staatsanwälten der Rücktritt in diese offen stand, ja sie
* Die prinzipiellen Verschiedenheiten in der Auffassung der Staats-
anwaltschaft in.den deutschen Strafprozessgesetzen vor der Reichgesetzgebung
s. bei PLAnck, Systemat. Darstellung S. 289 und diesem lange vorausgegangen
war ABEs@ in der Zeitschr. für deutsches Strafverfahren I, S. 291 ff.: „Die
Bedeutung des Strafrechtsprinzips für das strafrechtliche Verfahren“. Be-
achtenswerth ist die Forderung einer erheblichen Beschränkung der
Centralisation der Staatsanwaltschaft, besonders in Betreff der Vor-
bereitung und Erhebung der öffentlichen Klage in den Preussischen Jahr-
büchern IV, 1 8. 22 ff.
15*