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Zieles zu thun gewesen, eine allgemeine Rechts- und Geschäfts-
regelung bei den Gerichten zur Beseitigung von prozessualen
Missständen zu ermöglichen, so würde die „Aufsicht“ allein, wie
früher, als Befugniss der obersten Justizverwaltung ausgereicht
haben, die in der hierarchischen Gliederung in den Oberstaats-
anwälten und von diesen nach oben im Justizchef zentralisirt
wird, wie in den Instanzen der Gerichte bei deren Vorsitzenden.
Die Staatsanwaltschaft jedoch als Kontrolbehörde neben den Ge-
richten einzusetzen, um der obersten Justizverwaltung etwaige
prozessuale Missstände bei den Gerichten oder Stoff zur Regu-
lirung von Rechtsfragen zur Kenntniss zu bringen, dem stand
doch das Verbot des 8 152 des G.-V.-G., dass der Staatsanwalt-
schaft eine Aufsicht über die Gerichte nicht zu übertragen sei,
entgegen. Welchen anderen Zweck konnte die Hinzufügung des
Wortes „Leitung“ zu dem Worte „Aufsicht“ in der ganzen
Staatsanwaltschaft haben, als die gesetzliche Befugniss der obersten
Justizverwaltung zu verschaffen, dass sie als Haupt und Spitze
der Staatsanwaltschaft genau so wie in Frankreich vermöge der
alle Beamten bindenden Weisungen die ganze Behörde in sich
zentralisirt und hierarchisch-absolutistisch sagen kann: „Ich bin
die Staatsanwaltschaft* — selbst im einzelnen Fall, wenn es
darauf ankommen sollte, eine Strafverfolgung in’s Werk zu setzen
oder sie ungeachtet des Strafgesetzes zu unterlassen bezw. sie zu
unterbrechen?! Und das sollte im Einklang mit dem erst im
Entwurf DI der Str.-Pr.-O. aufgestellten, jetzt im Abs. 2 des
& 152 enthaltenen Satz, wozu die Motive bemerkten, er stelle die
„allgemeine und nur bei den sog. Antragsdelikten eingeschränkte
Pflicht des Staates auf, bei strafbaren Handlungen die Be-
strafung des Schuldigen herbeizuführen. Es ist dadurch
das sog. Legalitätsprinzip zur ausdrücklichen Anerkennung ge-
langt“, stehen?! Hierin liegt eine nicht zu überbrückende Kluft,
durch welche die Opportunität, hinter dem Legalitätsprinzip, selbst
im Extrem von Regierungswillkür, sich herein in die Strafgesetzes-