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Anordnungen durch den Vorsitzenden des Bundesrates — als eine
Delegation des Bundesrathes, als Ausfluss der Stellung Preussens
im Bundesrat erscheinen zu lassen.
Der BEnniGsensche — von den Regierungen gebilligte —
Zusatz enthält nun zwei Aenderungen: 1. alle Anordnungen und
Verfügungen des Präsidiums werden im Namen des Bundes er-
lassen und bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des
Kanzlers. 2. Der Kanzler übernimmt durch die Gegenzeichnung
die Verantwortlichkeit im Sinne des konstitutionellen Staatsrechtes.
Vergegenwärtigt man sich die von BismARcK zum Antrage
ZAACHARIÄ, in Art. 8 statt „Bundesfeldherr* Bundespräsidium zu
sagen, abgegebene Erklärung‘, wonach diese Unterscheidung eine
Silbenstecherei und die Frage absolut wertlos sei, so ergiebt sich
die unmittelbare Tragweite des Beschlusses: alle der Krone
Preussen vorbehaltenen Verfügungen in Sachen des Bundes er-
scheinen nunmehr als Verfügungen eines von Preussen formell
losgelösten Bundesorganes, das nur im Namen des Bundes und
unter Gegenzeichnung eines staatsrechtlich selbständig neben dem
Präsidium stehenden Bundesbeamten wirksam ist. Damit war
wohl formell die Gegenzeichnung des preussischen Staats-
ministeriums (über Marine und Art. 63Y der Verf. vgl. unten) bei
der Wahrnehmung der Präsidialbefugnisse und seine Ver-
antwortlichkeit für die Ausübung dieser Befugnisse gegenüber dem
preussischen Landtage beseitigt. Denn nach der zweifellosen Ab-
sicht der Antragsteller sollten durch die Gegenzeichnung und die
Uebertragung der nicht näher präzisierten Verantwortlichkeit an
den Kanzler die formelle Lostrennung seines Amtes vom preussi-
schen Ministerium und die Selbständigkeit seines Amtes auch
gegenüber dem Reichstage deutlich hervorgehoben werden.
Trotz dieser neuen Bestimmung wurden weitere Aenderun-
gen der Verfassung zur Fixierung der organischen Beziehungen
8 Sten. Berichte 8. 358,