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Trotzdem haben diese Ausschüsse den Bundeskanzler in seiner
Amtsführung, wie es scheint, nicht nur als technisch beratende
Kommissionen, sondern als anordnende und verfügende Kollegien,
in erster Linie unter Verantwortung des preussischen Ministers,
der den Vorsitz führte '*, unterstützt.
Am vollständigsten wurde naturgemäss von Anfang an in
der Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten, der Posten und
Telegraphen, die selbständige Behördenorganisation des Bundes,
soweit nicht auch diese Verwaltung den Einzelnstaaten verblieben
war, losgelöst vom preussischen Ministerium, durchgeführt.
Auf dem gesamten Gebiete der dem Kaiser verfassungs-
mässig zustehenden oder durch die zahlreichen Reichsgesetze über-
tragenen Exekutive, welche insbesondere durch die Einverleibung
von Elsass-Lothringen und durch die Zuweisung der Schutzgewalt
in den Kolonieen an den Kaiser erheblich an Umfang gewonnen
hat, steht jetzt — abgesehen yon den erwähnten Befugnissen des
preussischen Kriegsministers — dem preussischen Ministerium
formell keine staatsrechtliche Befugnis mehr zu, insoweit nicht
eine Mitwirkung des Bundesrates in Frage kommt.
Soweit also die kaiserliche Vollziehungs- und Ver-
ordnungsbefugnis reicht, tritt trotz der Vereinigung des
Bundespräsidiums mit der Krone Preussen grundsätz-
lich eine formelle staatsrechtliche Scheidung der ÖOr-
gane ein, durch welche der gemeinsame Träger dieser
Gewalten verfassungsmässig thätig werden muss®®,
Die sog. Exekutive im Gegensatze zur Legislative ist daher,
ganz abgesehen von den vollziehenden Befugnissen der Einzeln-
staaten innerhalb der von der Reichskompetenz nicht erfassten
Angelegenheiten, auch innerhalb der Reichsangelegenheiten nicht
I 8. 661; über die Exekutive der Bundesratsausschüsse vgl. a. a. O. IS. 643,
687, 667, 694, 717.
1 Hänger, Studien II. Bd., Teil I S. 78.
15 LABAND a. a. OÖ. 8. 326.