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einheitlich gestaltet; prinzipiell kommt sie den Einzelnstaaten zu
als Ausführung der Reichsgesetze unter Beaufsichtigung des
Reiches, dem aber hieraus kein Vollzugsverordnungsrecht zusteht;
ferner kompetiert sie — abgesehen von den Befugnissen des Bundes-
rates — dem Kaiser als Präsidium und dem ihm verfassungsmässig
beigeordneten Kanzler auf allen Gebieten, welche in der (durch
das Stellvertretungsgesetz vom 17. März 1878 positivrechtlich be-
stimmten) eigenen und unmittelbaren Verwaltung und Beaufsichti-
gung des Reiches stehen '®.
Neben dieser organisatorischen Entwickelung, welche formell
das preussische Ministerium als selbständigen Faktor aus dem
letztbezeichneten Gebiete der Exekutive verdrängte und seine
Thätigkeit in Reichsangelegenheiten auf die Mitwirkung im Bundes-
rate und Ausführung der Reichsgesetze in Preussen beschränkte,
gilt aber unverändert der Grundsatz: Das Präsidium des Bundes
steht dem Könige von Preussen zu und die Ausübung der Prä-
sidialrechte des Bundes ist mit der Führung des Titels eines
Deutschen Kaisers verbunden.
Der Entschluss, diesen Verfassungsgrundgedanken der preussi-
schen Leitung auch gegenüber der mit der Abänderung des
Art. 17 beabsichtigten Konstituierung einer selbständigen, dem
Reichstage verantwortlichen Bundesregierung thatsächlich durch-
zuführen, erhellt am deutlichsten aus BısmArcks Rede vom
5. März 1878: „Durch den Art. 17 wurde die Bedeutung des
Reichskanzlers plötzlich zu der eines kontrasignierenden Ministers,
und nach der ganzen Stellung nicht mehr eines Unterstaatssekre-
tärs für deutsche Angelegenheiten im preussischen auswärtigen
Ministerium, sondern zu der eines leitenden Reichsministers herauf-
geschoben. Darauf trat auch die von mir sofort, von meinem
damaligen Vertreter nicht mit derselben Bereitwilligkeit, aner-
kannte Notwendigkeit ein, dass der Reichskanzler und
1 Vgl. Häneı, Staatsrecht S. 824.
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