Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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der preussische Ministerpräsident ein und dieselbe Per- 
son sein müssten.“ 
Mit dieser zweifellos der Verfassung nicht widersprechenden 
Verbindung war nun thatsächlich die preussische Führung der 
gewollten Reichsregierung ermöglicht. Damit war aber die Frage 
der Einfügung Preussens in das Reich, der Beziehung des preussi- 
schen Ministeriums zum Reichskanzler und den ihm unterstellten 
Reichsbehörden für die Folgezeit weder rechtlich noch thatsäch- 
lich vollkommen gelöst. 
In der Theorie ward, gestützt u. a. auf Art. 17 und auf die 
Erneuerung der Kaiserwürde, der Versuch immer wieder erneuert, 
die Präsidialbefugnisse formell und materiell loszulösen von der 
preussischen Königsgewalt. So hat aus der erwähnten Scheidung 
der Behörden in neuerer Zeit u. a. BORNHAK a. a. O. gefolgert, 
dass im Reiche der König von Preussen, weil er nicht durch die 
preussischen Behörden handle, sondern durch den Reichskanzler, 
nicht mehr als König von Preussen, sondern als eine besondere 
staatsrechtliche Persönlichkeit handle — entgegen den ursprüng- 
lichen Intentionen, den Erklärungen der Regierungen und der 
Absicht bei Uebertragung der Kaiserwürde. Um dieses ideale 
Rechtssubjekt entsprechend auszustatten, hat BORNHAK dem 
„Kaiser“ das Recht der gesetzgeberischen Initiative 
und das absolute Veto zugewiesen und den Kaiser als 
den eigentlichen Gesetzgeber bezeichnet. FISCHERa.a. 0. 
hat dem Kaiser, ausgehend von einer begrifflich unzulässigen 
Teilung der Souveränität, einzelne Souveränitätsrechte aus eigenem 
Rechte als Monarch zuerkannt. HÄNEL u.a. haben hieraus eine 
Personalunion, SCHULZE eine Realunion zwischen den beiden 
Staatsgewalten im Reiche und in Preussen konstruiert. RUVILLE 
nun behauptet sogar, der Kaiser sei selbst in allen rein preussi- 
schen Angelegenheiten reichsrechtlich der Kaiser und König; die 
17 preussischen Stimmen im Bundesrate seien gleichbedeutend. 
mit kaiserlichen Stimmen; der Name „König von Preussen“ er-
	        
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