— 328 —
der preussische Ministerpräsident ein und dieselbe Per-
son sein müssten.“
Mit dieser zweifellos der Verfassung nicht widersprechenden
Verbindung war nun thatsächlich die preussische Führung der
gewollten Reichsregierung ermöglicht. Damit war aber die Frage
der Einfügung Preussens in das Reich, der Beziehung des preussi-
schen Ministeriums zum Reichskanzler und den ihm unterstellten
Reichsbehörden für die Folgezeit weder rechtlich noch thatsäch-
lich vollkommen gelöst.
In der Theorie ward, gestützt u. a. auf Art. 17 und auf die
Erneuerung der Kaiserwürde, der Versuch immer wieder erneuert,
die Präsidialbefugnisse formell und materiell loszulösen von der
preussischen Königsgewalt. So hat aus der erwähnten Scheidung
der Behörden in neuerer Zeit u. a. BORNHAK a. a. O. gefolgert,
dass im Reiche der König von Preussen, weil er nicht durch die
preussischen Behörden handle, sondern durch den Reichskanzler,
nicht mehr als König von Preussen, sondern als eine besondere
staatsrechtliche Persönlichkeit handle — entgegen den ursprüng-
lichen Intentionen, den Erklärungen der Regierungen und der
Absicht bei Uebertragung der Kaiserwürde. Um dieses ideale
Rechtssubjekt entsprechend auszustatten, hat BORNHAK dem
„Kaiser“ das Recht der gesetzgeberischen Initiative
und das absolute Veto zugewiesen und den Kaiser als
den eigentlichen Gesetzgeber bezeichnet. FISCHERa.a. 0.
hat dem Kaiser, ausgehend von einer begrifflich unzulässigen
Teilung der Souveränität, einzelne Souveränitätsrechte aus eigenem
Rechte als Monarch zuerkannt. HÄNEL u.a. haben hieraus eine
Personalunion, SCHULZE eine Realunion zwischen den beiden
Staatsgewalten im Reiche und in Preussen konstruiert. RUVILLE
nun behauptet sogar, der Kaiser sei selbst in allen rein preussi-
schen Angelegenheiten reichsrechtlich der Kaiser und König; die
17 preussischen Stimmen im Bundesrate seien gleichbedeutend.
mit kaiserlichen Stimmen; der Name „König von Preussen“ er-