— 373 —
tage, als Recht und Nothwendigkeit erschien, die Gegenstände ohne
ihn und nur durch den Bundesrath regeln zu lassen — welches
Einspruchsrecht steht irgend einem Dritten dann noch zu?
Aber war, dies ist die andere der oben aufgeworfenen Fragen,
das Reich berechtigt, selbst und unmittelbar die zur Aus-
führung der Art. 42—45 erforderlichen Verordnungen zu er-
lassen ?
Allerdings spricht Art. 42 von einer Verpflichtung der
einzelnen Staaten, nicht von einer Berechtigung des Reiches.
Indess ist Folgendes zu beachten: die Bundes- und die Reichs-
verfassung sind entstanden zunächst aus Verträgen, welche die
Bundesglieder mit einander vereinbart haben; aus Verträgen, bei
denen es darauf ankam, festzusetzen, was von den Befugnissen
der Einzelstaaten fortan zu Befugnissen des Reiches werden sollte,
oder mit anderen Worten: Befugnisse der Bundesglieder an die
(Gresammtheit abzugeben. Wenn Theile des Bündnissvertrages
(Art. 42 der Reichsverfassung ist Art. 39 des Vertrages oder
Verfassungsentwurfes vom 18. Juni 1867) ihrem Wortlaute nach
in den Text der Bundes-(Reichs-)Verfassung übergegangen sind,
so folgt daraus, dass sie dadurch aufhörten, Vertragsrecht zu
werden und Verfassungs-Bundes-Reichsrecht wurden.
Wenn darauf hingewiesen ist, dass die Fassung der Art. 42
und 45 an die alten Zollvereinsverträge erinnert, so ist dem-
gegenüber zn bemerken, dass auch in Ansehung dieser das Ver-
ordnungsrecht nicht mehr den Einzelstaaten, sondern dem Reiche
als ein unmittelbares zusteht. Insbesondere sorgt der Bundesrath
für die „Uebereinstimmung“ und „Gleichheit“ der in Zoll- und
Steuersachen erforderlichen Verwaltungsvorschriften und Ein-
richtungen jedesmal durch den Erlass einer eigenen und ein-
zigen Verordnung. Dies muss also auch im Gebiete des Eisen-
bahnwesens gelten, soweit die ursprünglichen Vertragspflichten
der Bundesregierungen in die Verfassung Aufnahme gefunden
haben.
Archiv für Öffentliches Recht. XI. 3. 95