— 428 —
nicht. Der Sprachgebrauch ging in Hessen niemals dahin, dass
unter Arrest etwa jede Art von Freiheitsstrafe, jede Freiheits-
entziehung verstanden worden wäre; Niemand wird von einenı
Ziuchthaussträfling in Hessen je gesagt haben: der Mann ist
mit Arrest bestraft. Die älteren hessischen Verordnungen und
(Gesetze verstehen unter Arrest vielmehr in der Regel den
bürgerlichen Arrest, die Beschlagnahme von Personen und
Sachen zum Zweck der Sicherung civilrechtlicher Ansprüche
(vgl. Handbuch der Gr. Hess. Verordnungen von 1803 an von
K. Chur. EIGENBRODT 1818, Bd. I S. 310, 320, 264, 326, 425,
Bd. II 8. 39, 377, 47, Bd. III S. 109, 455, Bd. IV 8. 130)
ausserdem aber auch den Arrest mitunter als Disciplinarstrafe
(vgl. EIGENBRODT a. a. O. Bd. IV S. 140) und nur selten (zur
Zeit der Entstehung der Verfassungsurkunde, um deren Sprach-
gebrauch allein es sich handelt) zur Bezeichnung einer auf
Uebertretung gesetzten Freiheitsstrafe.
Würde aber unter Arrest auch der Strafvollzug einer
Freiheitsstrafe zu verstehen gewesen sein, so hätte dies für
das heutige Recht keine Bedeutung mehr, weil die Privilegi-
rung sich nur auf die Strafverfolgung, nicht auf den Straf-
vollzug bezieht.
. Wenn Landesgesetze engere Rahmen ziehen, als die in den
Thatbestandsmomenten von Ziffer 1 des $ 6 des Einführungs-
gesetzes zur Str.-P.-O., wenn sie z. B. nur die Einleitung des
Strafverfahrens, nicht die Fortsetzung von der Genehmigung
der Kammer abhängig machen, so würde es hierbei sein Be-
wenden haben; der erwähnte $ 6 Abs. 1 hat nicht die Absicht,
die landesgesetzlichen Privilegien der Kammern zu erweitern,
er will nur die vorhandenen innerhalb bestimmter Grenzen
aufrecht erhalten. Auch dies wird für das Verhältniss unseres
hessischen Rechts zum Reichsrecht von Bedeutung, denn Art. 84
unserer Verf.-Urk. spricht nur von der Unzulässigkeit von Arrest,
während in $ 6 Ziffer 1 auch eine obne Arrestverfügung ein-