Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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Grundgedanke sein. Gewiss ist das Recht des Hauses formell unbe- 
schränkt, es kann die Genehmigung versagen, die Aufhebung ver- 
langen wie es ihm beliebt, und ist über seine Gründe keine Rechen- 
schaft schuldig. Jedoch ist mit jedem öffentlichen Rechte die Ver- 
pflichtung verbunden, nur denjenigen Gebrauch davon zu machen, 
welcher seiner Zweckbestimmung entspricht. Trotz der formellen 
Unbeschränktheit enthält der Grund und Zweck des Privilegs die 
Grenzen. Jedenfalls übt die Kammer durch den Versagungs- oder 
Zustimmungsbeschluss keine Richterfunktionen aus, sie urtheilt 
nicht über Schuld oder Verdacht, auch dient die Prüfung des 
Thatbestandes im einzelnen Falle nur zur Information. 
Auch die Erheblichkeit des Delicts ist nicht entscheidend. That- 
sächlich wird bei Oollision der Interessen der gesetzgebenden Ver- 
sammlung und der der Strafrechtspflege dasjenige weichen, welches 
im einzelnen Fall sich als das schwächere ergiebt. In dem hessischen 
Verfassungsleben lässt sich bei der geringen Zahl der Einzelfälle 
ein bestimmtes Princip nicht erkennen, zumal da die practische 
Anwendung des Art. 84 wiederholt in bewegte Zeiten fiel. 
Im Gegensatz zu Art. 84 der preuss. Verf., nach welcher 
kein Mitglied einer Kammer während der Sitzungsperiode wegen 
einer strafbaren Handlung in Untersuchung (gerichtliche Vor- 
untersuchung und Eröffnung des Hauptverfahrens im Sinne der 
Str.-P.-O.) genommen werden darf, umfasst das Privileg der 
hessischen Abgeordneten nur die bei Einleitung oder Fortsetzung 
einer Strafverfolgung angeordnete Haft. Der Abgeordnete soll 
ohne Genehmigung der Kammer nicht verhaftet werden. Es 
kann also auch nicht ein schon vor Beginn der Session erlassener 
Haftbefehl (oder auch Steckbrief) vollzogen werden. 
Der Haftbefehl wird hier nicht aufgehoben, nur seine Voll- 
streckung ist gehemmt. Umgekehrt wäre zu schliessen, dass ein 
Haftbefehl wohl erlassen werden dürfe, nur seine Ausführung auf- 
gehoben sei bis zur Genehmigung oder bis zum Schluss des Land- 
tags. Genehmigung erfordert der Haftbefehl eines inländischen
	        
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