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Gerichtes und einer auswärtigen Behörde. Zweifellos bedarf auch
die Wiederverhaftung eines gegen Sicherstellung Freigegebenen
jener Genehmigung; ist auch der Haftbefehl nicht aufgehoben,
immerhin handelt es sich um eine Neuverhaftung. Dem Geiste
des Privilegs nach sind auch solche Akte unzulässig, welche an
die Stelle der Verhaftung treten. Unzulässig ist die vorläufige
Verhaftung durch Staatsanwaltschaft oder Polizei bei Gefahr in
Verzug unter den Voraussetzungen eines Haftbefehls ($ 127 der
Str.-P.-O.). Unzulässig ist die sofortige Vorführung bei Grund
der Haft ($ 134 der Str.-P.-O.). Wie bereits bemerkt, er-
streckt sich das Privileg sogar auf die bei unentschuldigem Aus-
bleiben vorgeschriebene Anordnung der Vorführung ($ 229 der
Str.-P.-O.). Ungehindert ist die Beschlagnahme, denn sie richtet
sich gegen den Inhaber (nicht gegen den Beschuldigten) als
solchen. Ungehindert ist endlich die Durchsuchung zum Zwecke
einer Beschlagnahme ($ 102 der Str.-P.-O.)?!.
Von dem Erforderniss der Genehmigung bildet die Ergreifung
auf frischer That, d. h. die Ergreifung unmittelbar bei Verübung
oder sofortiger Verfolgung, die einzige Ausnahme.
Die Begünstigung bezieht sich neben der Verhaftung nach
Beginn des Landtags auch auf die Fortsetzung einer schon früher
angetretenen Haft, doch wird das vor Beginn des Landtags ver-
haftete Mitglied nur auf Ersuchen der Kammer zu entlassen sein.
Für das Verlangen der Aufhebung gelten wohl die gleichen Ge-
sichtspunkte, wie für die Ertheilung der Genehmigung.
„Aufhebung“ bedeutet, ihrem Zweck entsprechend, nicht
Cassirung des Haftbefehls, sondern nur Aussetzung seiner Voll-
streckung; nicht Beendigung des Verfahrens, sondern vorläufige
Einstellung. Der Abgeordnete wird nicht der Strafverfolgung
entzogen, sondern nur für die Dauer seiner Berufsthätigkeit damit
verschont,
21 9, J. WEISMANN, 1. c. S. 408.
22 Vgl. J. WEISMAnNN, 1. c. S. 420,