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Literatur.
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Theodor Mommsen, Abriss des römischen Staatsrechts. (Binding:
Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft I, III.) Leipzig, Duncker
& Humblot, 1893. XV, 363 S.
„Dass für lebendige Anschauung und principielles Verständniss des
römischen Privatrechts und Privatprozesses es nicht genügt zu wissen, dass
der Prätor die rechtsprechende Behörde ist und der Geschworene iudex
heisst, ist ebenso einleuchtend, wie die Entbehrlichkeit für den Rechtskun-
digen der meisten Specialitäten des öffentlichen Rechts des Römerstaats und
seines ebenso nothwendigen wie beschwerlichen philologisch -antiquarischen
Apparats.*“ Trotzdem war dem Juristen, der nicht das Glück hatte, die
Monmmsen’sche Vorlesung hören zu können, die als „Römisches Staatsrecht
(für Juristen)“ angekündigt war, keine Möglichkeit geboten, die nothwendigen
staatsrechtlichen Kenntnisse zu erlangen, wenn er nicht die Zeit hatte, die
5 material- und untersuchungsreichen monumentalen Bände des „Römischen
Staatsrechtes“ durchzuärbeiten. Der „Abriss“ bietet nun, in gedrängtem
Stile zusammengefasst, die juristische Summe von Mommsen’s 50jähriger Ge-
dankenarbeit ohne Noten, ohne Einzeluntersuchung. Allein ein populäres
Buch oder ein Lehrbuch im gewöhnlichen Sinne ist dieser Abriss nicht.
Obwohl er den Historiker zu juristischem, den Juristen zu historischem
Denken anleiten kann, wird die volle Freude an dem Meisterwerk nur haben,
wer schon mit einigen historischen und juristischen Kenntnissen darangehen
kann, die historischen Inductionen und die juristischen Deductionen wenig-
stens nachzuempfinden.
Ebenso stützen sich auch Mommsen’s „Römische Geschichte“ einerseits
und andererseits das „Staatsrecht“ und der „Abriss* gegenseitig; sie bilden
ein unzertrennbares (Ganzes, eine Gesammtanschauung einer einheitlichen
und geschlossenen Staats- und Gesellschafts-Entwicklung, wie sie bisher auf
keinem anderen Gebiete der Geschichtsforschung erreicht worden ist. Dass
die Geschichtsforschung überhaupt diesen gewaltigen Fortschritt gemacht
hat, ist das persönliche Verdienst MomMmsEn’s, soweit eine solche wissen-
schaftliche That überhaupt das Verdienst eines Einzelnen sein kann; dass
aber der Fortschritt gerade auf dem Gebiete der römischen Geschichte ge-
macht worden ist, kann als die Folge der hier obwaltenden, besonders