Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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nahmen. Man ist soweit gegangen, einen berühmten, englischen 
Advokaten zur Abhaltung einer Zeugenvernehmung nach Wies- 
baden zu entsenden. Derselbe wurde verhaftet, als er in Aus- 
führung der englischen Gerichtsverfügung sich anschickte, einen 
Zeugen zu beeidigen, und soll, wie man in England erzählt, nur 
mit grosser Mühe dem Kerker wieder entrissen worden sein. 
Dieser Vorfall führte zur Adoptirung der dritten Form der Be- 
weisaufnahme im Ausland, des Letter of Request oder des Er- 
suchungsschreibens an das ausländische Gericht. Abgesehen von 
Deutschland haben auch Spanien und die Schweiz amtlich an- 
gezeigt, dass Beweisaufnahmen im Wege eines Lietter of Request 
herbeizuführen sind. Frankreich, Italien, Holland, Oesterreich- 
Ungarn und Amerika werden heute noch unter den Ländern auf- 
geführt, in welchen ein englischer Special Examiner thätig werden 
kann. Der Verfasser zweifelt — auf Grund einer Mittheilung 
Seitens eines Triester Advokaten — ob diese Behauptung für 
Oesterreich-Ungarn noch als zutreffend angesehen werden kann. 
Es bedarf kaum der Erwähnung, dass ein ausländischer Staat 
nicht zu dulden braucht, dass in seinem Territorium ohne irgend- 
welche Benachrichtigung seiner Behörden eine eidliche Zeugen- 
vernehmung in Ausführung einer englischen Gerichtsverfügung 
vorgenommen wird. Wie England im eigenen Lande die Beweis- 
aufnahmen für ausländische Gerichte kontrollirt, so muss auch 
der ausländische Staat die in seinem Territorium für englische 
Gerichte stattfindenden Beweisaufnahmen kontrolliren können. 
Die Frage ist nur die, ob man nicht besser England gegenüber, 
im Hinblick auf die abweichenden Anschauungen über die Auf- 
nahme eines Beweises, von einer Erledigung des Letter of Request 
durch die deutschen Gerichte Abstand nimmt, und es englischen 
Gerichten ermöglicht, eine Beweisaufnahme durch den britischen 
Konsul herbeizuführen, und zwar unter gleicher Kontrolle, wie 
sie in England im umgekehrten Falle geübt wird. 
Wollte man die Abhandlung auf die Untersuchung dieser
	        
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