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Prozesspartei als Zeuge in eigener Sache im Deutschen Reiche
gar nicht zu erlangen sein; ferner würden der Verlobte der Partei,
der Ehegatte der Partei und die im $ 348 Ziff. 3 der deutschen
Civilprozessordnung genannten Verwandten der Partei das Zeug-
niss verweigern können. Derartige Prozessvorschriften liegen dem
englischen Juristen so fern, dass HuME-WILLIAMs und MACKLIN
in ihrem oben citirten Werke nicht zu verstehen vermögen, wess-
halb das Amtsgericht in Wiesbaden sich geweigert hat, zur Auf-
nahme des Beweises zu schreiten, bis die Namen und Adressen
der Prozessparteien angegeben seien. Dem Amtsgericht I in
Berlin wird englischerseits vorgeworfen, dass es verlangt habe,
dass alle zu vernehmenden Personen im Letter of Request zu
benennen seien; in einem Falle, wo man die Vernehmung weiterer,
nicht im Letter of Request benannter Zeugen gewünscht habe,
hätte das gedachte Gericht auf Erwirkung eines „ergänzenden“
Letter of Request bestanden. HUME-WILLIAMsS und MACKLIN
betonen, dass beim Entwurf des Letter of Request die Namen
der zu vernehmenden Personen oft noch gar nicht bekannt sind.
Das Amtsgericht I in Berlin wird demgegenüber allerdings nur
auf 8 324 Abs. 2 der deutschen Civilprozessordnung zu verweisen
brauchen. Gegen die Beauftragung eines ausländischen Gerichts
mit der Aufnahme des Beweises pflegt in England weiter geltend
gemacht zu werden, dass englische Parteivertreter vor dem aus-
ländischen Gerichte nicht gehört werden. Dieses Bedenken dürfte
indessen bei Beweisaufnahmen im Deutschen Reiche von geringer
Bedeutung sein, insofern nämlich die Regel sein wird, dass die
Aufnahme des Beweises durch die Amtsgerichte erfolgt. Der
Hauptmangel einer vor einem deutschen Gerichte stattfindenden
Beweisaufnahme ist vom englischen Standpunkte aus die Unzu-
lässigkeit eines eigentlichen Kreuzverhörs durch den gegnerischen
Parteivertreter. Endlich darf man nicht aus den Augen verlieren,
dass eine Beweisaufnahme durch ein ausländisches Gericht Ueber-
setzungen und Rückübersetzungen erforderlich macht, und dass
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