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IV. Die Schaffung einer Amtsgerichtsanwaltschaft wird die
Winkelkonsulenten aus den Gerichtssälen verdrängen.
Den Hauptnutzen ziehen diese aus der Simultanpraxis der Rechts-
anwälte, indem eben die verschiedenen dadurch bedingten Termins-
kollisionen die Anwälte des Oeftern veranlassen, die Sachen ent-
weder an Konsulenten abzugeben, die sich dann nicht selten durch
Zutragen revanchiren, oder, was nicht viel besser ist, ihre
Schreiber an das Amtsgericht zu schicken®”. Dieser Missstand
schwindet, sobald speziell für die Amtsgerichte eine rechtskundige
Parteivertretung existirt.
V. Es werden sich in diesem Falle auch mehr Rechts-
anwälte an kleinen Orten niederlassen, was jedenfalls im
Interesse des Publikums liegt. Man wendet nun dagegen ein,
dass es gerade dort eines besonderen Tıakts und besonderer
Charakterfestigkeit zur Wahrung der Würde des Standes gegen-
über dem Gerichte und dem Publikum bedürfe, ferner der junge
Anwalt des Kontakts mit den Kollegen entbehre, „die einen Ein-
blick in seine Geschäftsgebahrung besitzen und deren, wenn auch
unausgesprochenes Urtheil er fürchten müsse“ *. Dann würden
die Anwälte auf dem Lande zu wenig verdienen und daher nach
Ablauf der Wartezeit nach den grösseren Städten eilen. Dies
Alles auch als richtig zugegeben, so bestehen die Gefahren,
welche der Aufenthalt in kleinen Orten in sich bergen, auch beim
Richter. Dieser wird aber wieder dadurch, dass er einen Anwalt
an der Seite hat, genöthigt, sich amtlich und ausseramtlich mehr
in Acht zu nehmen. Nach Orten, an denen ein Anwalt keine
genügende Einnahme findet, wird eben so leicht kein solcher
gehen und der öftere Wechsel von Richtern und Notaren ist ge-
wiss nicht weniger beklagenswerth, als der von Rechtsanwälten
und dennoch wird die Justizverwaltung gewöhnlich keinem dieser
Beamten zumuthen, zeitlebens auf einem solchen Orte zu bleiben.
45 Näheres bei v. WEIMRIcH, Reform S. 34.
#6 PEmSEL, Referat 8. 17.