Full text: Archiv für öffentliches Recht.Elfter Band. (11)

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mässig die Mutter auch nach solchen Rechten, welche prinzipiell 
zunächst dem Erziehungsberechtigten die Entscheidung überlassen, 
nicht befugt, kraft des ihr zustehenden Erziehungsrechtes eine 
Aenderung in der religiösen Erziehung eintreten zu lassen. Viel- 
fach leiden aber die landesgesetzlichen Bestimmungen an Unklarheit 
und Unvollständigkeit, an letzterer insofern, als sie grösstentheils 
nur die religiöse Erziehung der Kinder aus konfessionell gemischten 
Ehen regeln und selbst innerhalb dieser Begrenzung zum Theil 
nur den Fall in’s Auge fassen, wenn die Ehegatten bestimmten, in 
dem Gesetze näher bezeichneten Konfessionen angehören?. Nach 
den Motiven zu dem Entwurfe des bürgerlichen Gesetzbuches 
lassen sich mit Rücksicht auf diese Verschiedenheit und Lücken- 
haftigkeit erhebliche Gründe dafür geltend machen, die religiöse Er- 
ziehung der Kinder als einen Ausfluss des elterlichen Erziehungs- 
rechtes durch besondere Bestimmungen im bürgerlichen Gesetz- 
buch zu regeln. Gegen eine solche Regelung fällt entscheidend in’s 
(ewicht, dass die landesgesetzlichen Bestimmungen vorwiegend dem 
öffentlichen Rechte, nämlich dem interkonfessionellen Kirchenstaats- 
rechte, angehören und vorwiegend von diesem Standpunkte aus die 
religiöse Erziehungsfrage, namentlich das Recht des erziehungs- 
berechtigten Elterntheils diese Erziehung zu bestimmen, in ver- 
schiedener Weise, bald mehr bald weniger beschränkt haben. Auf 
der anderen Seite ist es aber auch — nach den Motiven bedenk- 
lich, die wichtige Frage im Gesetze ganz mit Stillschweigen zu über- 
gehen, weil dann Zweifel darüber hervorgerufen werden könnten, 
inwieweit eine Beschränkung der Erziehungsberechtigten rücksicht- 
lich der religiösen Erziehung der Kinder durch die Landesgesetze 
zulässig bleibt. Der Entwurf traf deshalb in $ 1508 die Vor- 
schrift: „In welchem religiösen Bekenntnisse das Kind zu er- 
ziehen ist, bestimmt sich nach den Landesgesetzen.*“ Bei der 
2 Ausführlich ist der Stoff behandelt in: Oberlandesgerichtsrath 
Dr. K. Scumiot, Die Konfession der Kinder nach den Landesrechten im 
Deutschen Reiche. Freiburg i. Br., Herders Verlag, 1890.
	        
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