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müssen jedenfalls bis zur vollendeten Schulpflicht an dem Religions-
unterricht einer der im Lande bestehenden Kirchen- oder Reli-
gionsgemeinschaften Theil nehmen (Gesetz vom 10. Sept. 1878
betreffend die bürgerlichen Wirkungen des Austrittes aus einer
Kirche u. s. w. Art. 8). Die Eltern solcher Kinder können so
lange, als diese an dem Religionsunterricht Theil nehmen, zu den
finanziellen Lasten der betreffenden Kirche etc. zugezogen werden
(vgl. Art. 9). Ungetaufte Kinder christlicher Eltern sind vom
Religionsunterrichte nicht auszuschliessen **. Uebrigens ist die
religiöse Erziehung der Jugend nicht ausschliesslich dem Religions-
unterricht überlassen. Der Lehrplan für den evangelischen
Religionsunterricht (vom 7. Juli 1875) sagt z. B. in seinen „All-
gemeinen Bestimmungen $ 1: „Als leitender Grundsatz ist durch-
weg festzuhalten, dass die religiöse Bildung der Jugend nicht
ausschliesslich Sache des Religionsunterrichtes ist, vielmehr der
gesammte Schulunterricht und die gesammte Schulerziehung be-
zweckt, der religiös-sittlichen Bildung zu dienen.“ Für die höheren
Lehranstalten sind lehrplanmässige Vorschriften über Ziel und
Gang des Religionsunterrichtes nicht vorhanden ’”. —
Bei gemischten Ehen ist — wie erwähnt — eine gesetz-
liche Ordnung des elterlichen religiösen Erziehungsrechtes in In-
teressen des ehelichen Friedens und der ruhigen, ungestörten
Erziehung der Kinder eingetreten. Eine der Verordnung v. 1826
vorausgegangene Ministerialverordnung vom 7. April 1825 (Rg.-
Bl. No. 33, S. 296) erklärt ihren Erlass damit, dass Fälle vor-
gekommen seien, in denen Geistliche, wenn Pfarrkinder ver-
schiedener Konfession in eheliche Verbindung traten, bei Ein-
gehung desfallsiger Eheverträge hinsichtlich der Bestimmung über
die religiöse Erziehung der Kinder eingewirkt, wohl gar selbst
Verträge, in denen über die Religion der Kinder bestimmt wurde,
ı° S. KÖHLER, Kirchenrecht der evangelischen Kirche im Grossherzog-
thum Hessen (Darmstadt, Verlag J. Waitz, 1884), S. 314, 315.
17 S, KouLer, 1. c. 8. 315f., 825.