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Amtsgerichte, die sich an dem Sitze eines Kollegialgerichts be-
finden, von Winkelkonsulenten überfluthet würden. Die Rechts-
anwälte, auf eine kleinere Zahl beschränkt, wären durch die Praxis
an den Kollegialgerichten entweder abgehalten Amtsgerichtssachen
zu übernehmen oder das bei jenen eingerissene Vertagungsunwesen
würde noch grössere Dimensionen annehmen. Für Grossstädte,
wie Berlin, mag dieser Vorschlag passen, nicht aber für die über-
wiegende Mehrzahl der Landgerichtssitze.
4. Die Rechtsanwaltschaft bei den Oberlandesgerichten.
I. Auch darin ist v. Wırmowskı (S. 10 und 218) beizu-
stimmen, dass die Zulassung als Rechtsanwalt bei einem Ober-
landesgericht nicht, wie dies gegenwärtig nach 8 99 der R.-A.-O.
für das Reichsgericht gefordert wird, von der Zustimmung des
Gerichts abhängig sein, dagegen eine fünfjährige Anwaltspraxis°?
bei einem Gerichte erster Instanz, der eine Stellung im Sinne
des 86 Zifi. 1 der R.-A.-O. gleichzuachten wäre, verlangt werden
soll. Die Zustimmung des Oberlandesgerichts steht mit dem
Prinzipe der freien Advokatur in Widerspruch. Allein nicht nur
die Wichtigkeit der bei den Oberlandesgerichten zur Verhandlung
gelangenden Sachen, sondern auch die Art und Weise der Be-
handlung des Prozessstoffes und das Verhältniss zu den Richtern
verlangen eine grüssere geistige Reife und bessere Durchbildung
des Charakters, weshalb nicht allzu junge Leute als Anwälte an
die Oberlandesgerichte kommen dürfen. Es empfiehlt sich daher
hier auch eine längere Wartezeit als für die Rechtsanwaltschaft
bei den Landgerichten.
II. Es wurde bereits (1c) erwähnt, dass die Prokuratoren-
geschäfte einen nachtheiligen Einfluss auf das Studium der Pro-
zesse ausüben. Diese Geschäfte haben besonders in der ersten
52 Dies wurde auch nach der badischen Anwaltsordnung vom 22. Sept.
1864 für erforderlich erklärt, um bei dem Oberhofgericht auftreten zu können.
8 7 Abs. 2.