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Geltung abzusprechen ist (vgl. ausser den bereits genannten Schrift-
stellern ULRICH in v. Stengel’s Wörterbuch des deutschen Ver-
waltungsrechts I 8. 336), so kann es sich nur noch fragen, ob
etwa trotz der Einleitung zu der Betriebsordnung, nach welcher
sie an die Stelle des Bahnpolizeireglements von 1885 tritt, die
Strafbestimmungen des letzteren, weil nicht ordnungsgemäss
aufgehoben, noch zu Recht bestehen. Die Frage ist zu bejahen,
soweit jene Bestimmungen von den einzelnen Bundesstaaten, und
zwar nach deren Recht in verfassungsmässiger Weise (SEUFFERT,
l. c. 8. 34) publizirt sind. Für Hamburg trifft dies aber nicht
zu. Ein Hamburgisches Gesetz ist das Bahnpolizeireglement nicht
geworden, denn nach Art. 61 der Hamburgischen Verfassung be-
ruht die Gesetzgebung auf dem übereinstimmenden Beschluss von
Senat und Bürgerschaft: das Bahnpolizeireglement ist aber (vgl.
Hamb. Ges.-Samml. 1885, S. 88) nur vom Senat, und zwar als
eine Bekanntmachung des Reichskanzlers, „zur Kenntniss ge-
bracht“ worden. Dass der Senat durch die Mitpublikation der
Strafbestimmung des 8 62 nicht etwa zugleich beabsichtigt hat,
als oberster Inhaber der Polizeigewalt in Hamburg in Gemässheit
des 8 26 des Gesetzes über die Organisation der Verwaltung vom
15. Juni 1863 eine Polizeiverordnung zu erlassen, ergiebt sich
daraus, dass die in $ 62 angedrohte Strafe das in der genannten
Hamburgischen Bestimmung festgesetzte Strafmaximum nicht inne-
hält. — Es war somit auch nicht auf Grund des Bahnpolizei-
reglements von 1885 das Hauptverfahren zu eröffnen.
Hamburg, 16. Januar 1896.
Das Amtsgericht:
Dr. ScHaAps.
Beschluss:
Die sofortige Beschwerde der Amtsanwaltschaft gegen den
Beschluss des Amtsgerichts vom 16. Jan. 1896, insoweit derselbe
die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen Uebertretung der Be-
triebsordnung für die Haupteisenbahnen Deutschlands ablehnt
(Bl. 47f.), wird verworfen.
Die Kosten trägt die Staatskasse.
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