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jetzt nur in Preussen bestandene Einrichtung so gut gewirkt und
solche Erfolge aufzuweisen, dass durch dieselben die Uebertragung
auf den weiteren Kreis des Reiches und durch ihre Einführung
die Beseitigung und der Ausschluss aller ähnlichen, einem gleichen
Zwecke dienenden anderwärtigen Einrichtungen gerechtfertigt wird:
Leider fällt bei einer Umschau, die wir zu dem Ende gehalten,
die Antwort nicht in dem bejahenden Sinne aus, den man unter
solchen Umständen sicher meint voraussetzen zu dürfen. Sei es
gestattet, einige Urtheile hier anzuführen:
Amtsrichter Dr. MÜNSTERBERG-Menden (jetzt Leiter des
Hamburger Armenwesens) urtheilt in seinem oben bereits benützten
Berichte: ?
„Für Preussen ist durch die Verordnung die Einrichtung
der Waisenräthe geschaffen, welche dem Gerichte bei Auswahl
der Vormünder zur Seite stehen und die Aufsicht über das per-
sönliche Wohl des Mündels und über seine Erziehung führen
sollen; insbesondere sollen sie auch Mängel oder Pflichtwidrig-
keiten, welche sie bei der körperlichen oder sittlichen Erziehung
des Mündels wahrnehmen, dem Gerichte zur Anzeige bringen;
auf der anderen Seite soll das Gericht den Waisenrath von der
Bestellung des Vormundes in Kenntniss setzen und der Vor-
mund demselben von Verlegung des Aufenthaltes des Mündels
Nachricht geben. Dieses alles nimmt sich nun auf dem Papier
sehr schön aus; wer aber die Verhältnisse kennt, der weiss,
dass es in den allermeisten Fällen über eine ganz formalistische
Verbindung des Gerichtes und des Waisenrathes nicht hinaus-
kommt; dass ein Richter die Waisenräthe seines Bezirkes
anders als durch Schriftwechsel kennen lernt, sind Ausnahme-
fälle.“ — — —
In dem Verwaltungsberichte des Magistrates zu Hildesheim
2 Siehe denselben in Heft 8 der Schriften des deutschen Vereins für
Armenpflege und Wohlthätigkeit S. 57—74.
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