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die Waisenrathsordnungen kommen und fand zwar auch dort
überall das Prinzip aufgestellt, dass sich kein Waisenrath ohne
Grund in die eigentlichen Vormundschaftsgeschäfte d. h. in
diejenigen Angelegenheiten einmischen solle, die dem Vormund
zur Ausführung vorbehalten sind. Aber trotzdem galt es dort
als nicht ausgeschlossen, dass der Waisenrath ab und zu seine
Mündel besucht und nachsieht, wie es ihnen ergeht. Und
diese Einrichtung haben wir dann auch bei uns getroffen.
Die Herren sind auf diese Weise erst in die Lage ge-
kommen, sich genau zu unterrichten, wie ihre Mündel auf-
gehoben sind — —. Das alles schafft ihnen eine gewisse
Freudigkeit in ihrem Thun und wird hoffentlich segensreiche
Früchte tragen“.
Gerade diese letztere Ausführung eines Vertheidigers der
Einrichtung des Waisenrathes war mir insofern von besonderem
Interesse, als sie das Moment zugestand, welches ich bei einer
Besprechung des Institutes der Waisenräthe bereits auf dem am
7. Juni 1890 in Leipzig stattgefundenen sächsischen Gemeinde-
tage glaubte als das für die ganze Institution bestimmende und
charakteristische hervorheben zu sollen. Ich führte nach Vor-
führung der einschlagenden Gesetzesbestimmungen aus:
„Wie Sie aus den angezogenen Gesetzesbestimmungen ent-
nehmen, ist die Stellung eines Waisenrathes lediglich eine
Zwischenstellung zwischen Vormund und Vormundschafts-
behörde; seines Amtes ist es nur in Unterstützung der Be-
hörde den Vormund wie den Mündel zu kontroliren, bei wahr-
genommenen Unregelmässigkeiten hat er Anzeige zu erstatten,
ohne dass ihm die Möglichkeit eines unmittelbaren Einschreitens
gegeben wäre. Ich kann nicht sagen, dass mir diese Einrich-
tung als ein besonders glücklicher Griff erscheint. Ganz ab-
gesehen von der etwas unerquicklichen Rolle des Aufpassers
und Angebers, ist, frage ich Sie, eine so lediglich passive
Rolle irgendwie dazu angethan, mit einer gewissen Hingabe an