Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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führte. Nach Vorgang von PLANcK in der systematischen Dar- 
stellung des deutschen Strafverfahrens, 1857, hat ein grosser Teil 
der Theoretiker (auch die Motive zur Reichs-Strafprozessordnung) 
unter „Anklagegrundsatz“ die Eigentümlichkeit des Strafverfahrens 
verstanden, dass die Strafgerichte in ihrer einschreitenden und fort- 
gesetzten Thätigkeit zwar an die Prozessvoraussetzung eines 
klägerischen Prozessbetriebes (des Anklägers) gebunden, dann 
aber innerhalb des Klagerahmens frei nach dem ÖOffizialprinzip 
zu handeln verpflichtet wie berechtigt seien. Dieser sog. An- 
klagegrundsatz wäre sonach nur die Bezeichnung für eine Be- 
schränkung des die richterliche Thätigkeit bestimmenden Offizial- 
prinzips, welche früher in dem Rechtssprüchwort: „Wo kein 
Kläger, da ist auch kein Richter“ zum Ausdruck gebracht war. 
Das Offizialprinzip ist aber nicht bloss ein solches für die amt- 
liche Thätigkeit der Gerichte, sobald diese nach dem Gesetz 
(Prozessvoraussetzung der Gerichtshängigkeit) eintreten darf und 
muss, sondern es bestimmt auch die Thätigkeit der Staatsanwalt- 
schaft und ihrer Hülfsorgane („gerichtliche Polizei“) und ist so- 
nach Prinzip für die staatlichen Organe der Strafrechtspflege. 
Die Staatsklägerschaft ist regulär zur Strafverfolgung als Organ 
der Strafrechtspflege für den Prozessbetrieb berufen und dazu 
verpflichtet („Anklagemonopol“), ausnahmsweise für einzelne An- 
tragsdelikte der Verletzte i.w.S. als Privatkläger zugelassen, auch 
als Nebenkläger, in Gemässheit freier Verfügung darüber. Nun 
kann aber durch Gesetz als Bestimmungsvoraussetzung für die 
staatsamtliche Thätigkeit das Opportunitäts- oder das Legalitäts- 
prinzip anerkannt sein, ausschliesslich das eine oder das andere, 
oder auch jenes nur in besonderen Fällen als Ausnahme von 
diesem, sodass die freie Verfügung über die Strafgesetzanwendung 
und Vollziehung bis zum Richterspruch in die Hand des Staats- 
klägers gelegt oder aber ganz ausgeschlossen, oder eine Be- 
schränkung des einen Prinzips durch das andere seitens der 
Strafgewalt im Gesetz geschaffen wird.
	        
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