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lich gegeben, sondern auch seine Verwirklichung absolute
Rechtspflicht ist.
Der sachlich freien Verfügung stellt auch HrınzE das
Offzialprinzip gegenüber, worin die Erfüllung des dem Staate ob-
liegenden Strafamtes liege, und das Legalitätsprinzip sei für
das Einschreiten der Staatsanwaltschaft eine der praktischen
Konsequenzen daraus. Im Strafamt liege offenkundig die Ver-
pflichtung des Staates, die Verbrechen, welche den Organen
des Staates bekannt werden, zur Verantwortung zu ziehen. Allein
das Strafrecht und die Strafpflicht des Staates seien nicht auf
die zufällige Kenntnis der Staatsorgane von Verbrechensverüb-
ungen beschränkt, sondern der Staat sei auch verpflichtet, zur
Entdeckung der ihm zur Zeit noch unbekannten Verbrechen und
Verbrecher thätig zu sein, auch überhaupt alle Erkenntnismittel
zu sammeln, durch welche in irgend einer rechtlich erheblichen
Beziehung Licht über den Sachverhalt verbreitet werden könne.
Wenn aber von dem Staate etwa die Strafverfolgung nur inso-
weit erfolge, als im Einzelfall ein Interesse des Staates an der
Bestrafung erkennbar wäre (für wen? ist die Hauptfrage), so
würde dem Staate als Strafberechtigten eine gewisse Dis-
position über die Rechtsfolgen der Verbrechen zustehen.
Aber wie die Einleitung des durch das Verbrechen geforderten
Verfahrens nach dem Offizialprinzip der freien Verfügung des
Trägers des Strafamtes entzogen sei, so auch alle Hemmung des
eingeleiteten Strafverfahrens; im Gegenteil sei der Betrieb des-
selben bis zur völligen Erledigung als selbstverständlich auch in
den Gesetzen vorausgesetzter Grundsatz. Das Offizialprinzip wäre
aufgegeben, wenn die Staatsorgane nach ihrem Belieben die Fort-
führung des Verfahrens unterlassen wollten, was unzulässig und
wovon nirgends die Rede sei (?). „In Beziehung auf Inhalt und
Ergebnis des einzelnen Strafverfahrens äussert das Offizialprinzip
seine Wirkung dahin, dass den Beteiligten, d. h. nicht nur dem
durch das Verbrechen Verletzten, und dem Beschuldigten, son-