Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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an, ob Gerechtigkeitsübung, Staatsschutz, Erhaltung der Rechts- 
ordnung, Geltung der Staatsgewalt? und ob die Pflege Ver- 
waltungs- oder Rechtspflege sein soll, bleibt unbeantwortet. 
Aus der nächsten Aufgabe des Strafrerfahrens, im Einzelfall 
vor allem die Schuld oder Nichtschuld (einen Gegensatz, 
welcher ja im Zivilprozess schon die Notwendigkeit selbständiger 
Vertretung des Angriffs und der Abwehr bedingt) festzustellen, 
lässt sich allein prinzipiell richtig das Strafverfahren kon- 
struieren und so hat es auch, wie die Rechtsvergleichung und 
Geschichte lehrt, die Logik immer und immer wieder gethan. 
Der Inquisitionsprozess war eine gewaltsame Entartung aller Pro- 
zesslogik, aus dem politischen Absolutismus hervorgegangen, eine 
Frucht des allverwaltenden Polizeistaates, der keine Menschen- 
rechte kennen will — ein Macht- aber kein Rechtsverhältnis. 
„Ein Prozess — führt KoHLER aus —, wo der vermeintliche 
Kläger nicht das Recht hat, die Klage zurückzunehmen, wo der 
vermeintliche Kläger verpflichtet ist, nicht nur seinem Gegner 
gegenüber die allgemeinen Rechts- und Legalitätsschranken inne- 
zuhalten, sondern auch im Interesse des Gegners positiv zu han- 
deln, die nötigen Beweise zu erheben und zu wahren bei eigener 
schwerer Pflichtverletzung ($ 158 Str.-P.-O.) — ein solcher Prozess 
ist nicht Parteiprozess, sondern Prozess nach den Regeln des 
Inquisitionsprozesses, wobei der Staatsanwalt als Gehilfe des 
Richters fungiert. Nur dass der Angeklagte dem untersuchenden 
Richter nicht, wie im ehemaligen entarteten Inquisitionsprozess, 
als ein wehrloses medium eruendae veritatis gegenübersteht, son- 
dern als ein Mensch mit vollen Menschenrechten, und dass diese 
Menschenrechte heilig zu halten sind auch dem gegenüber, den 
man als Verbrecher ansieht, und auch nicht zu gunsten eines an 
sich sehr berechtigten Strafanspruchs des Staates gekränkt werden 
dürfen. Das ist die Hauptsache: Der Beklagte mit dem Recht 
der Passivität und mit dem Recht auf seine Unantastbarkeit, die 
nur in bestimmten Richtungen und unter Begrenzung der höheren
	        
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