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und in denen die bayerische Regierung demnächst die Anerkennung
der Gültigkeit der Ehe und der Ehelichkeit der in letzterer er-
zeugten Kinder verweigerte. Die Vorfälle verursachten seiner
Zeit eine grosse Erregung der öffentlichen Meinung, die sich zum
Theil gegen das bayerische Reservatrecht selbst wendete, mindestens
aber von der Reichsgesetzgebung verlangte, die Ehen gegen
derartige Anfechtungen sicher zu stellen. Die Bewegung hat
damals mit einer in Bayern erlassenen Novelle vom 17. März
1892 geendet, welche die durch das Gesetz von 1868 (Art. 33
Abs. 2) angedrohte Ungültigkeit der Ehe und zwar mit rück-
wirkender Kraft beseitigte?, im Uebrigen es aber im Wesentlichen
beim früheren Rechte beliess. Der Gegenstand ist seitdem von
der Tagesordnung der öffentlichen Meinung wieder verschwunden.
Der Bericht der Reichstagskommission über das Familienrecht
des B. G.-B bringt ihn von Neuem in Erinnerung. Es wurde
den Einspruch, welcher die Ertheilung des Zeugnisses hindert, wird in einem
bestimmten Verwaltungsverfahren entschieden.
? Die citirte Vorschrift hat durch die Novelle folgende Fassung erhalten:
„Auf die Rechtsgültigkeit der geschlossenen Ehe ist der Mangel
dieses Zeugnisses ohne Einfluss; die Ehe hat aber, so lange, als die
Ausstellung des Zeugnisses nicht nachträglich erwirkt wurde, für die
Ehefrau und die aus der Ehe entsprossenen oder durch dieselbe legi-
timirten Kinder in Bezug auf die Heimath nicht die Wirkungen einer
gültigen Ehe. Die Ehefrau behält ihre bisherige Heimath und die
Kinder folgen der Heimath der Mutter. Erlangt die Ehefrau erst
durch die Verheirathung die bayerische Staatsangehörigkeit, so be-
sitzt sie mit ihren aus dieser Ehe entsprossenen oder durch dieselbe
legitimirten Kindern die vorläufige Heimath in der Heimathgemeinde
des Mannes . . .“
Vgl. über die Bedeutung dieser Novelle RıepeL-ProEsst, Kommentar
zum bayerischen Gesetze über Heimath u. s. w. 6. Aufl. (München 1892),
S. 64ff. und 211ff., sowie die eingehenden Ausführungen und Literatur-
nachweise von Rerm in diesem Archiv Bd. VIII S. 47—96, aus welchen
die interessante Thatsache hervorgehoben sei, dass „das rechtsrheinische
Bayern neben Tirol und Vorarlberg das einzige (Gebiet unter den europäi-
schen. Kulturländern ist, in welchem noch für Inländer polizeiliche Ehehinder-
nisse bestehen.“