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zu erfolgen habe. Dazu kommt noch weiter die Ratifikation.
In denjenigen Staaten, in welchen Staatsverträge den Rechts-
charakter dadurch empfangen, dass sie im Rahmen eines Gesetzes
oder einer Verordnung erscheinen (Belgien, Italien), fallen Ratifi-
kation und Sanktion auch äusserlich auseinander; die Sanktion
hat in diesem Falle keinerlei sie unterscheidende Besonderheit;
aber auch wo dies nicht der Fall ist, müssen Sanktion und
Ratifikation als zwei verschiedene Rechtsakte angenommen werden.
Die Ratifikation ist die formelle Erklärung des Staatsoberhauptes
gegenüber dem oder den anderen Kontrahenten, dass der Staats-
vertrag der getroffenen Verabredung gemäss den Rechtscharakter
empfangen habe, in Rechtskraft getreten sei°*“.
Was das Verhältnis von Ratifikation und Sanktion anlangt,
so scheint die neuere Ansicht ZoRns mit der LapBAnnpschen
Theorie identisch zu sein. Die letztere ist in folgenden Sätzen
niedergelegt: „Der Erlass des Befehls, welcher dem Staatsvertrage
staatsrechtliche Kraft und Verbindlichkeit erteilt, ergeht von dem
Bundesrate, als demjenigen Organe des Reiches, dem der eigent-
liche Gesetzgebungsakt zusteht. Dieser Akt kann nur vollzogen
werden, nachdem der Reichstag die Genehmigung erteilt hat
und der Wortlaut des Vertrages mit den Beschlüssen des Reichs-
tages in Einklang gesetzt worden ist. Der vom Reichstage ge-
fasste Beschluss, welcher die Genehmigung ausspricht, muss nach
Art. 7 Ziff. 1 der Reichsverfassung dem Bundesrat nochmals zur
Beschlussfassung vorgelegt werden, und dieser zweite Beschluss
des Bundesrats enthält die Sanktion.ı So wie bei gewöhnlichen
Gesetzen dieser Beschluss darauf gerichtet ist, dieselben dem
Kaiser zur Ausfertigung zu unterbreiten, geht er bei Staatsver-
trägen dahin, dieselben dem Kaiser zur Ratifikation zu über-
weisen Die Genehmigung des Reichstages ist die Voraus-
setzung, ohne welche der Bundesrat den Vertrag nicht für staats-
rechtlich verbindlich erklären kann; die Erklärung des Bundes-
® Zorn, Staatsrecht a. a. O., S. 506507.