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Ausführung des Auftrages ablehnen. Dann müsste der Bundes-
rat selbst handeln können, das ist aber ausgeschlossen. Ent-
weder muss also der Kaiser dem Bundesratsbeschluss gemäss
handeln, oder er ist nicht dessen Vertreter; sein Wille ist dann
ebenso relevant wie der des Bundesrats.
Die Stellung des Kaisers ist klar hervorgetreten bei dem
Schicksale des von den deutschen und spanischen Bevollmächtigten
im August 1893 unterzeichneten Handelsvertrages. Der deutsche
Reichsanzeiger berichtet hierüber: „Bei der Unterzeichnung kamen
beide Teile überein, den Vertrag so bald als möglich den beider-
seitigen Parlamenten vorzulegen und den Austausch der Rati-
fikationen längstens bis zum 31. Dezember 1893 herbeizuführen.
Deutscherseits ist dieser Verpflichtung in vollem Umfange ent-
sprochen worden, indem für den Vertrag schon im Dezember die
parlamentarische Genehmigung erwirkt wurde und die Kaiserliche
Regierung sich zur Ratifikation bereit erklärte!?.“ Hiernach hatte
auch der Bundesrat seine Zustimmung gegeben, sonst hätte der
Kaiser, bezw. seine Regierung sich nicht zur Ratifikation bereit
erklären können. Das Verhalten der spanischen Oortes hat dann
die Auswechselung der Ratifikationen unmöglich gemacht. „Bei
diesem Gang der Verhältnisse“, fährt der Reichsanzeiger fort,
„versteht es sich von selbst, dass die Kaiserliche Regierung sich
nicht länger an den Vertrag gebunden erachtet und dass sie den
Versuch, zu einer handelspolitischen Verständigung mit Spanien
zu gelangen, als gescheitert ansieht. Der Kaiserliche Botschafter
in Madrid ist demgemäss bereits beauftragt worden, der spanischen
Regierung unverzüglich eine entsprechende Erklärung abzugeben.“
In der folgenden Nummer des Reichsanzeigers lesen wir sodann
unter der Rubrik Spanien: „Der deutsche Botschafter v. Radowitz
überreichte dem „W.T.-B.“ zufolge gestern abend dem Minister des
Auswärtigen, Moret, eine Note der deutschen Regierung, worin
13 Reichsanzeiger Nr. 162 vom 12. Juli 1894.