Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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mit einander, so ist bei uns nicht nur das Datum dafür ent- 
scheidend, ob dieses oder jenes als aufgehoben anzusehen ist, 
sondern die Geltung der Gesetze richtet sich noch nach anderen 
Normen; insbesondere kommt hier der Grundsatz in Betracht: 
lex posterior generalis non derogat priori speciali**. Der zwischen 
dem Norddeutschen Bunde und dem Zollverein auf der einen, 
dem Freistaate Salvador auf der anderen Seite am 13. Juni 1870 
geschlossenen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag *° 
bestimmt in Art. 8: „Die Ehe eines Salvadoreners soll in Deutsch- 
land und die Ehe eines Deutschen soll in Salvador für gültig 
angesehen werden, wenn diese Ehe geschlossen ist gemäss den 
Gesetzen seines Heimatlandes.“ Hiernach darf das Deutsche 
Reich die von einem Salvadorener nach seinem Heimatgesetze 
in Deutschland geschlossene Ehe nicht als nichtig behandeln; 
diese Bestimmung ist deutsches Vertragsgesetz geworden. Nach 
8 41 des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes 
und die Eheschliessung vom 6. Februar 1875 kann aber inner- 
halb des (febietes des Deutschen Reiches eine Ehe rechtsgültig 
nur vor dem Standesbeamten geschlossen werden. Ginge dieses 
Jüngere Reichsgesetz dem älteren Vertragsgesetze vor, so hätte 
sich das Deutsche Reich selbst ausser stande gesetzt, die dem 
Freistaate gegenüber eingegangene Verpflichtung zu erfüllen. 
Eine solche Absicht ist ihm ohne weiteres nicht zuzuschreiben 
Wenn das Gegenteil nicht ausdrücklich ausgesprochen ist, so 
muss angenommen werden, der allgemeine Grundsatz habe die 
bereits getroffenen Spezialbestimmungen nicht umstossen wollen #. 
Das ältere Vertragsgesetz wird demnach durch ein ihm 
widersprechendes jüngeres Reichsgesetz nur dann seiner Wirk- 
samkeit beraubt, wenn das letztere sich diese Kraft ausdrücklich 
* JELLINEK, Gesetz und Verordnung, S. 364—365. 
#5 R.-G.-Bl. 1872 S. 877. 
4 JELLINEK a. a. OÖ. Vgl. auch Hmscnros, Das Reichsgesetz über die 
Beurkundung des Personenstandes, 3. Aufl. 1890, S. 158—159. 
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