Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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mag dahingestellt bleiben; dagegen ist die Vorfrage zu beant- 
worten, ob der Kaiser im angenommenen Falle zur Kündigung 
des Vertrages staatsrechtlich verpflichtet ist? Kann er überhaupt 
zur Kündigung von Verträgen verpflichtet werden? 
Die Kündigung eines Vertrages ist ein völkerrechtlicher 
Rechtsakt, gehört mithin zu der dem Kaiser übertragenen völker- 
rechtlichen Vertretung des Reiches. In Wahrnehmung derselben 
ist der Kaiser nur durch die beiden letzten Absätze des Art. 11 
der Reichsverfassung beschränkt; und diese sprechen nicht von 
der Kündigung eines Vertrages. Soweit er nicht beschränkt ist, 
hat der Kaiser lediglich nach seinem Ermessen zu handeln. Folg- 
lich kann er zur Kündigung eines Vertrages rechtlich nicht ver- 
pflichtet werden. 
Noch krasser ist die Sachlage, wenn der Vertrag, zur Zeit 
wenigstens, gar nicht kündbar ist. Wie schon hervorgehoben 
wurde, ist der Kaiser unseres Erachtens verpflichtet, so viel an 
ihm liegt, dafür Sorge zu tragen, dass die völkerrechtlichen 
Pflichten des Reiches erfüllt werden. Soll er trotzdem zur Vor- 
nahme einer Handlung verpflichtet sein, welche mit den völker- 
rechtlichen Pflichten des Deutschen Reiches unvereinbar ist? Das 
wäre aber in diesem Falle die Ausfertigung und Verkündigung 
des Gesetzes, welches zur Aufhebung des Vertragsgesetzes be- 
stimmt ist. 
Man vergegenwärtige sich einmal die Sachlage: auf der einen 
Seite soll dem Kaiser die Ausfertigung und Verkündigung dieses 
Reichsgesetzes obliegen; die weitere Ausführung des Vertrags- 
gesetzes wäre damit verhindert, das Deutsche Reich würde ver- 
tragsbrüchig. Auf der anderen Seite wäre der Kaiser gerade 
dasjenige Organ, welches dem verletzten Mitkontrahenten wegen 
dieses Vertragsbruches Rede zu stehen hätte. Was könnte er 
antworten? Es ist wahr, das Deutsche Reich hat seine Pflichten 
verletzt; den übereinstimmenden Beschlüssen von Bundesrat und 
Reichstag gegenüber stand mir aber kein Veto zu; ich war des-
	        
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