Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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halb zur Ausfertigung und Verkündigung des Deine Rechte ver- 
letzenden Gesetzes verpflichtet; es thut mir aber ausserordentlich 
leid. Würde der Mitkontrahent mit einer solchen Erklärung zu- 
frieden sein? Würde er nicht auf Vertragserfüllung bestehen und 
(renugthuung wegen zeitweiliger Nichterfüllung fordern, eventuell 
zu Repressalien schreiten? Wer eine rechtliche Verpflichtung 
zwischen Staaten überhaupt nicht anerkennt, der wird freilich die 
hier hervorgehobenen Schwierigkeiten leicht hinwegräumen. 
Ein Vertragsgesetz kann demnach nur unter Zustimmung 
des Kaisers aufgehoben werden. Legt er sein Veto ein, so kommt 
das beabsichtigte Gesetz nicht zu stande. Seine Zustimmung 
wird aber aus der Ausfertigung und Verkündigung des betreffenden 
Reichsgesetzes ersichtlich. Das mag auffallend erscheinen, denn 
hiernach unterscheidet sich das mit Zustimmung des Kaisers zu 
stande gekommene (zesetz äusserlich in keiner Weise von dem 
ohne sie perfekt gewordenen. Es ist indessen folgendes zu be- 
denken: nach den früheren Ausführungen wird das Vertragsgesetz 
durch kein Reichsgesetz aufgehoben, welches sich diese Kraft 
nicht ausdrücklich beilegt. Ein Gesetz, in welchem die ent- 
sprechende Bestimmung fehlt, bedarf deshalb der kaiserlichen Zu- 
stimmung nicht, aber es kann ein älteres Vertragsgesetz weder 
ganz noch teilweise ausser Kraft setzen nach dem Grundsatze 
lex posterior generalis non derogat priori special. Hebt ein 
Gesetz dagegen das Vertragsgesetz expressis verbis auf oder be- 
stimmt es z. B.: Die Rechtsverhältnisse der Angehörigen des 
Staates A (d. h. des Mitkontrahenten) sollen fortan so und so 
geregelt werden, so muss dieses vom Kaiser ausgefertigte und 
verkündete Gesetz auch seine Zustimmung gefunden haben, sonst 
hätte er sein Veto einlegen, Ausfertigung und Verkündigung unter- 
lassen müssen. Demgemäss hat der Kaiser jedes ihm zur Aus- 
fertigung und Verkündigung unterbreitete Gesetz auf seinen In- 
halt hin zu prüfen. Dieser Arbeit muss er aber schon aus anderen 
Gründen sich unterziehen; denn er hat festzustellen, ob es eine
	        
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