Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

— 10 ° — 
Verfassungsänderung enthält, um im Bejahungsfalle weiter zu 
prüfen, ob es im Bundesrate mit der erforderlichen Mehrheit an- 
genommen wurde; er hat ferner zu untersuchen, ob es jura singu- 
lorum berührt, und dann, ob der betreffende Staat zugestimmt hat”. 
An dieser Stelle ist noch ein Einwand zu gewärtigen: bei 
Verträgen, welche nicht unter Art. 11 Abs. 3 der Reichsver- 
fassung fallen, wird kein Vertrags-, sondern ein anderes Reichs- 
gesetz zur Ausführung erlassen; wir erwähnten bereits das Gesetz 
vom 14. November 1886, betreffend die Bürgschaft des Reiches 
für die Zinsen einer egyptischen Staatsanleihe; ein solches Gesetz 
wird ohne die Zustimmung des Kaisers perfekt, kann folglich 
auch ohne sie aufgehoben werden; nun macht es doch keinen 
Unterschied aus, ob das Reich die Erfüllung seiner völkerrecht- 
lichen Pflichten durch Aufhebung eines Vertrags- oder Ausführungs- 
gesetzes vereitelt. Das ist gewiss richtig, beweist aber nicht, dass 
das Vertragsgesetz wie das Ausführungsgesetz ohne Einwilligung 
des Kaisers aufhebbar sei. Vom Standpunkte der Zweckmässig- 
keit aus mag in beiden Fällen die Mitwirkung desjenigen Organs 
gleich erwünscht sein, welchem die völkerrechtliche Vertretung 
des Reiches obliegt; steht sie ihm in dem einen Falle nicht zu, 
so ist das aber kein Grund, sie ihm auch in dem anderen abzu- 
sprechen. Vertrags- und Ausführungsgesetz sind doch wesentlich 
verschiedene Gesetze. Das eine verleiht den einschlägigen Be- 
stimmungen des Vertrages um dieser ihrer Eigenschaft willen, — 
nur weil sie es sind und nur auf die Zeit ihrer Gültigkeit als 
solche #* — den Charakter staatsrechtlicher Normen; das andere 
dagegen steht in keinem rechtlichen Zusammenhange mit dem 
Vertrage; es braucht auf ihn gar nicht Bezug zu nehmen. Trotz- 
dem soll die Inkongruenz nicht in Abrede gestellt werden. Zur 
Ausfertigung und Verkündigung des ein Ausführungsgesetz auf- 
hebenden Gesetzes ist der Kaiser verpflichtet, selbst wenn da- 
#7 Lasann, Bd. 18 55 8. 524—525. 
“2 Vgl. unten.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.