Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zwölfter Band. (12)

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Heimaths- und Niederlassungsrecht anders bestimmt ist. Dass 
allein dieses die Bedeutung der Reservatrechte ist, wird, wie ich 
glaube, aus folgender Erwägung sich zweifelsfrei ergeben: 
Nach Art. 4 No. 10 u. Art. 52 der Reichsverfassung gehört auch 
das Post- und Telegraphenwesen — mit einigen Ausnahmen — 
zu den Reservaten Bayerns und Württembergs.. Wäre es nun 
etwa denkbar, dass auf Grund dessen Bayern in einer Oodifikation 
seines Postrechtes bestimmen dürfte, seine Postbeamten seien 
darlehensunfähig oder sie hafteten nicht oder nur unter singu- 
lären Voraussetzungen für angerichtete Versehen, und dass für 
solche Bestimmungen Freiheit von den Vorschriften des Bürger- 
lichen Gesetzbuches beansprucht werden könnte? Unzweifelhaft 
nicht! Einem solchen Versuche würde man mit der Deduktion 
begegnen, dass die Kompetenz des Reiches zu Satzungen über 
die Vertragsfähigkeit und über den Schadensersatz sich nicht 
auf die postalischen Rechte des Reiches, auch überhaupt nicht 
auf Rechte des Reiches über Aemterwesen sondern auf dessen 
Befugniss zur Regelung des bürgerlichen Rechts gründet und 
dass in Ansehung des bürgerlichen Rechts Bayern keine Aus- 
nahmestellung eingeräumt sei; Bayern müsse deshalb die gesetzten 
Normen respektiren auch wenn dieselben mit solchen Satzungen 
in Widerstreit stehen, welche Bayern sich als Postrecht gesetzt hat. 
Das Reservatrecht Betrefis der Heimaths- und Nieder- 
lassungsverhältnisse müsste — bei entgegengesetzter Auffassung — 
zu noch viel grösseren Absurditäten führen. Denn was liesse sich 
nicht alles unter dem Gesichtspunkt des Heimathsrechtes ordnen? 
Im weiteren Sinne umfasst der Begriff der „Heimaths- und Nieder- 
lassungsverhältnisse* überhaupt alle diejenigen Rechtsverhältnisse, 
welche aus der Heimath oder Niederlassung eines Menschen ent- 
stehen. Von diesem Gesichtspunkte aus könnte man z. B. be- 
stimmen; dass die Befugniss, an einem Ort ein Gewerbe zu betreiben, 
ein Ausfluss des in diesem Orte erlangten Heimathsrechtes sei. 
Aber auch wenn man den Begriff der Heimath im Art. 4 No. 1
	        
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