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zur Unterlassung der Kündigung; man delegiert doch aber nur
die Vornahme einer Handlung! Was bedeutet nun die Delegation
zur Kündigung des Vertrages? LABAND will wohl nicht sagen,
dem Kaiser werde die Vornahme der völkerrechtlichen Kündigungs-
handlung delegiert; zu ihr ist er ja so wie so kompetent. Die
Meinung scheint vielmehr dahin zu gehen: Bundesrat und Reichs-
tag delegieren dem Kaiser ihre verfassungsmässigen Verrichtungen-
beim Gesetzgebungsgeschäft. Die Annahme einer solchen Delegation
wird von AFFOLTER für unhaltbar erklärt: Delegation sei Ab-
tretung einer Befugnis; die Rechte der Volksvertretung seien aber
unveräusserlich, können von ihr keiner anderen Behörde über-
tragen werden®?. Ob eine Delegation nach eidgenössischen Bundes-
staatsrecht unzulässig ist, mag dahingestellt bleiben. ArFFOLTER
stellt aber seine Behauptung auch für das deutsche Reichsstaats-
recht auf; insoweit muss ihr entgegengetreten werden. Einmal
ist Delegation nicht Abtretung einer Befugnis, d. h. Zession,
sondern UÜebertragung ihrer Ausübung an Stelle und für den
Uebertragenden; man spricht in solchen Fällen auch von einer
Ermächtigung‘®,. Ferner ist eine derartige Delegation an den
Kaiser von seiten des Bundesrats und des Reichstages durchaus.
nicht ungültig. So ist durch Gesetze vom 30. März 1874 und
vom 5. Juni 1880 6* bestimmt: „Die den Konsuln des Deutschen.
Reiches in Egypten zustehende Gerichtsbarkeit kann durch eine
mit Zustimmung des Bundesrats zu erlassende Kaiserliche Ver-
ordnung eingeschränkt oder aufgehoben werden.“ Die demnächst
vom Kaiser unter Zustimmung des Bundesrats erlassenen Verord-
nungen vom 23. Dezember 1875 (R.-G.-Bl. S. 381) und vom
23. Dezember 1880 (R.-G.-Bl. S. 192) haben das ältere Gesetzes-
recht abgeändert®., Diese Delegationen kommen so häufig
62 AFFOLTER a@. a. OÖ. S. 403.
68 Vgl. Lasann, 2. Aufl. S. 600.
4 R.-G.-Bl. 1874 S. 23, — 1880 8. 145.
% Vgl. auch Gesetz vom 7. Juni 1880, betr. die Konsulargerichtsbar-