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liche Grundlage entzieht, auf welcher sie beruht“, — ein Satz
von eminentester Tragweite, — könnte selbst dann nicht als
richtig anerkannt werden, wenn der Kaiser das Sanktionsrecht
bei Staatsverträgen hätte®®.“ In diesen Sätzen wendet sich ZORN
vornehmlich gegen LABANnD, dessen Ausführung er zum Teil
wörtlich wiedergiebt®. LaBanps Ansicht, der Kaiser könne Ver-
trag und Vertragsgesetz aus völkerrechtlichen Gründen ausser
Kraft setzen, hat STOERK mit einer Einschränkung angenommen:
die Befugniss soll nur Platz greifen in Fällen des Notstandes
und der Notwehr, als Repressalie oder als Beginn des Abbruches
der friedensrechtlichen Beziehungen’”®. Die Theorie BORNHAKS
wurde bereits erwähnt; die von JELLINEK aufgestellte Lehre ist
aber noch vorzuführen: „In der dem Staatsoberhaupt, namentlich
dem monarchischen, verfassungsmässig zustehenden Repräsentativ-
gewalt ist zugleich eine Greneraldelegation zur Aufhebung, bezw.
Suspension der Verträge und der aus ihnen resultierenden Gesetze
enthalten.“ „Der Vertrag selbst ist die stete Voraussetzung der
betreffenden gesetzlichen Massregeln, mit seinem gänzlichen oder
zeitweiligen Erlöschen passieren auch diese. Die Anordnungen,
welche die Ausserkraftsetzung solcher Gesetze befehlen, erfliessen
auf dem Wege der Verordnung”!.“
JELLINEKS Lehre ist sowohl von STOERK, wie von ZORN an-
gegriffen worden. Ersterer vermisst einen zwingenden Grund zur
Annahme einer Generaldelegation an Stelle der von LABAND für
einzelne Fälle behaupteten Delegation??. ZOoRN nennt JELLINEKS
Behauptungen exorbitant und meint: „Dieselben widersprechen
dem anerkannten juristischen Grundsatze: dass Rechtssätze auf
demselben Wege aufgehoben werden müssen, auf welchem sie
e® Zorn, ebenda 9. 514—515. 6° Vgl. Lasanp, 3. Aufl. 8. 636.
70 STOERK, Staatsverträge in STENGELS Wörterbuch des deutschen Ver-
waltungsrechts, Bd. U, Freiburg i. B. 1890, S. 527. Archiv f. öffentliches
Recht, Bd. IX, S. 35—37.
71 JELLINEK, Gesetz und Verordnung S. 363
%2 Archiv f. öffentliches Recht, Bd. IX S. 35.